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Griechenland 2017
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Reisebericht

Versauern in Barcelona 31.10.2018

Wir sitzen seit über sieben Stunden im Hafen von Barcelona fest

Nein, unser Tracker ist nicht kaputt, er sendet alle 5 Minuten ein neues GPS-Signal. Auch unsere Karte wird halbstündlich aktualisiert aber wir sitzen tatsächlich immer noch auf der Fähre im Hafen von Barcelona. Warum mussten wir wohl eine Stunde früher in Sète auf der Fähre sein, wenn das Fährschiff danach über 7 Stunden am Hafen wartet? Jetzt nämlich erst wird das Schiff beladen, 7 Stunden einfach nichts machen im Hafen. Ok, während diesen Stunden wurde zwischendurch das Schiff noch mit Diesel betankt, aber sonst lief gar nichts, absolut nichts.

Die nächtliche Fahrt bis Barcelona verlief relativ schauklig, aber im Liegen in der Kabine ging es ganz gut und geschlafen haben wir auch nicht schlecht. Auch das jahrelange Duschtraining im Wohnmobil zahlt sich aus. Die Duschkabine auf der Fähre in der Kajüte ist noch wesentlich kleiner wie im Womo! Aber dank des Trainings ging es problemlos, man durfte nur auf keinen Fall den Duschvorhang berühren, denn dann kriegte man ihn nicht mehr los und er klebte am Körper, während dem das Wasser den Boden des Bad(chen) überflutete.

unsere Kajüte, die beste, die wir kriegen konnten

Aber wir sind ja Wohnmobilisten und uns das improvisieren gewohnt. Also Karte von Marokko hervornehmen, schöne Strecken einzeichnen, die wir vielleicht fahren wollen dieses Jahr, dann einen Jass machen, oder auch mehrere, unser Knobelspiel spielen, Blogeintrag schreiben, 10x rund um die Fähre schlendern, um alles anzuschauen und wieder zurück in die Kabine. Und ja, wir sind immer noch im Hafen von Barcelona…

Meine geniale Planung der Reise rinnt langsam aber sicher ins Meer, wie die Regentropfen entlang unserer Scheibe. Unser Womo steht im Schiffsrumpf, ohne Strom und mit inzwischen warmem Kühlschrank. Ohne Gas taut auch das Gefrierfach auf und damit unsere Schweinswürste…

Es hätte so gut gepasst, 5 Uhr morgens in Nador ankommen, zwei Stunden für die Einreiseprozedur, zwei Stunden fahren, eine Stunde, um eine marokkanische Telefonkarte zu kaufen und am Mittag wären wir spätestens in Marokko auf Achse. Nun wird es so aussehen: 20 Uhr ankommen, 22 Uhr durch den Zoll, im Dunkeln irgendwohin fahren (ich wollte vermeiden, im Dunkeln zu fahren) im Dunkeln irgendwo einen Übernachtungsplatz suchen und dann keinen Blog schreiben können, weil wir noch keine Telefonkarte haben. Und das alles wissen wir schon im Hafen von Barcelona,

Momentan habe ich nicht gerade beste Laune, denn auch beim Jassen habe ich gegen Anita verloren. Auch unser Tracker ist im Tiefschlaf, er muss ja keine neue Positionen senden…


Uns geht es mies 31.10.2018

Wir sind nun wieder auf hoher See und wünschen uns in den Hafen zurück

Wir verlassen den sicheren Hafen

Man ist ja nie zufrieden mit dem, wo man hat. Uns geht es momentan auch so, und noch viel schlechter. Wie schön friedlich war es doch in Barcelona am Hafen, wo wir so lange auf die Abfahrt warten mussten.

Jetzt sind wir auf hoher See und ich wusste gar nicht, dass so ein grosses Schiff so fest schaukeln kann! Etwa jede Minute einmal trifft uns eine grosse Welle frontal oder in einem bestimmten Winkel, dann gibt es einen riesen Knall und ein paar Sekunden später geht ein Zittern durch das Schiff. Danach folgen ein paar Schaukelbewegungen die einem den Magen ins Gehirn katapultieren und umgekehrt, bevor es wieder für ein paar Sekunden fast ruhig dahingleitet. Und das nun schon seit Stunden.

Anita sieht aus, wie das grüne kotzende Smily und kennt den Weg zur Toilette auswendig. Die Türe muss aber jedesmal gut eingerastet werden, sonst schlägt es sie wieder auf.

Mir geht es noch so knapp, aber diesen Bericht kann ich nur Satz um Satz niederschreiben, sonst ist es auch um mich geschehen.

Und das soll noch so gehen bis morgen gegen 21 Uhr, bis wir endlich in Nador in den sicheren Hafen fahren. 

Gut Nacht

Ach ja: normalerweise haben Anita drei Stugeron jeweils gerettet, heute hat auch das nichts mehr gebracht

Irgendwo zwischen Barcelona und Nador 1.11.2018

Das Meer beruhigt sich und wir werden unsere Seekrankheit los

Die Nacht war hart, sehr hart. Es schwankte, schwappte und schüttete in die Toilette. Aber irgendwann sind wir doch eingeschlafen und morgens fuhr die Fähre bedeutend ruhiger. Es ging zwar noch einige Zeit, aber wir kehrten so langsam zu den lebendigen zurück. Klar, es schwankt noch immer etwas, aber im normalen Spektrum und so leeren sich unsere Mägen nicht mehr weiter. Es geht uns zwar immer noch besser im Liegen, wie wenn wir umherlaufen, aber wir haben die Chance, unser Knutschi zu erreichen, ohne dass wir unterwegs ein WC aufsuchen müssen. Also alles im Grünen bereich.

Einreiseformalitäten auf der Fähre

Von letztem Jahr wussten wir, dass ein Teil der Einreiseformalität für Marokko schon auf der Fähre gemacht werden kann. Da wir letztes Jahr unsere Pässe nicht ins Handgepäck nahmen und die Identitätskarte nicht ausreichte, mussten wir es dann als einzige Passagiere von der Fähre im Hafen machen. Da war es selbstverständlich, dass uns dies dieses Jahr nicht mehr passiert.

Die auszufüllenden Reisezettel waren schnell gefunden, die lagen neben der Schiffs-Reception auf. Irgendwann kam dann die Durchsage, dass die Polizei nun diesen Einreiseschalter offen hat. Also schnappen wir unserer Pässe und diesen Zettel und gehen zu diesem Schalter. Er ist aber menschenleer und ich meine, ich habe in dieser Durchsage etwas von Deck 9 gehört. Also zwei Stockwerke hoch und dort ist schon ein Gewussel und Geschwaffel und alle halten ihre Reisepässe in der Hand. Also sind wir hier richtig.

Nach ein paar Minuten kommt der Grenzbeamte und bittet uns in den Kinosaal. Aber schön geordnet, langsam und die ersten beginnen auf den Stuhlreihen vorne rechts abzusitzen. Der Beamte schaut genau, dass kein einziger Stuhl frei bleibt und alle immer schön aufschliessen. Als alle sitzen geht er zum Pult nach vorne, startet seinen Computer und dann kann einer nach dem andern zu ihm, Pass und Einreisezettel abgeben, und er beginnt in seinen Computer zu Hämmern. Etwas später knallt dann der Stempel in den Pass und man kann gehen.

Immer wenn drei Reihen Stühle leer sind, bittet er die anderen noch wartenden Passagiere drei Stuhlreihen weiter nach vorne, ganz genau schauend, dass alle wieder ihre richtigen Plätze einnehmen und keiner sich nach vorne drängt. Der Beamte hat gerne Ordnung und Richtigkeit, auch akzeptiert er keine zwei Personen bei ihm am Pult. Jeder hat einzeln zu erscheinen ausser bei den Ehepaaren macht er eine Ausnahme. Und es sind nur drei da, alle anderen sind spanische oder französische PS-versessene Möchtegern-Ralleyfahrer oder schmuggelnde marokkanische Heimwehfahrer. Ok, schmuggeln weiss ich ja nicht, aber sie sehen so aus.

Je näher wir an der Reihe sind, desto mehr steigt die innerliche Aufregung, denn der Beamte sieht ziemlich streng aus und hoffentlich machen wir alles richtig.

Anita und ich stehen gemeinsam auf und strecken ihm unsere Pässe mit den Zetteln hin. Er fragt nach unserem Reiseziel und ich erkläre ihm, dass wir mit dem Wohnmobil um Marokko fahren und zähle einige Städte unserer Tour auf. Er beginnt zu strahlen und erzählt uns, dass er im franz. TV eine Sendung gesehen hat, wo sie erklärten, dass wir Schweizer die einzig wahren Europäer seien. Warum das so ist, will er von uns wissen. Ich bin etwas überrumpelt von der Frage und sage, vielleicht weil wir nicht in der EU sind? Dann verlangt er noch unseren Fahrzeugausweis, den ich zum Glück bei solchen Formalitäten immer dabei habe, denn es ist fast das wichtigste Dokument. Dann erklärt uns der Beamte, dass er sich auch schon ein Wohnmobil kaufen wollte, aber sie seien unheimlich teuer, aber das Reisen damit sei ein Traum. Natürlich stimme ich ihm bei und er wünscht uns eine ganz schöne Reise in seinem schönen Land.

Irgendwie schon mal eine schöne Begrüssung in Marokko, auch wenn wir noch nicht ganz angekommen sind.

Das Gespräch fand übrigens auf französisch statt und da war es ein Vorteil, dass ich diese Sprache schon mal halbwegs verstehe.

Warten auf den Hafen

Nun liegen wir wieder in der Kabine, mit dem Wissen, alles wird gut. Irgendwann gegen 22 Uhr sollen wir in Nador ankommen, dann rechnen wir, dass wir etwa um 24 Uhr den Hafen verlassen können, an einer der ersten Tankstellen Diesel tanken und eventuell die 50km weiterfahren bis zu unserem letztjährigen, schönen und einsamen Stellplatz am unbekannten See schlafen werden. Ich möchte nicht in der Nähe des Hafens nächtigen, denn ich habe keine Ahnung, wie es momentan mit den Flüchtlingen in Marokko aussieht, die Richtung Europa wollen. Hätte ich mich vorher informieren sollen. Und ich will nicht, dass diese Flüchtlinge uns mit denen verwechseln, die jetzt nach Europa fahren. Vielleicht Schwarzmalerei, vielleicht Skepsis oder eben noch das Sicherheitsdenken eines Europäers.

Dort am See übernachten, ausschlafen und dann anderntags in der nächsten grösseren Stadt eine Telefonkarte von Maroc Telecom kaufen, damit wir dann wieder Internet haben. Hier auf der Fähre gibt es für jedes Gerät 15 Minuten gratis Internet, was wir sehr gut finden. Auch habe ich noch 5€ bezahlt für zwei Stunden Internet, darum versorge ich euch jetzt noch mit diesen News.

Ab jetzt ist Funkstille, bis wir wieder marokkanisches Internet haben. Auf der Home-Seite könnt ihr unsere Position verfolgen, der Tracker übermittelt weltweit direkt via Satellit und braucht weder Handynetzt noch eine Internetverbindung.

Bis dann und macht euch keine Sorgen um uns.


Inschallah 2.11.2018

Wir sind gut in Marokko angekommen und fühlen uns schon richtig willkommen

Gestern kamen wir noch gut im Hafen von Nador an, das Entladen der Fähre ging im marokkanischen Chaos ziemlich schnell, auch die Zollabfertigung und das einführen unseres Knutschis lief etwas hektisch, aber sehr schnell ab. Viel schneller wie geplant.

Vor der Einreise

Die anschliessende Nachtfahrt zu unserem 70km entfernten Übernachtungsplatz ging besser wie erwartet und die Nacht haben wir gut hinter uns gebracht. Und das ohne Heizung, in der Nacht war es etwa 12 Grad warm.

Morgens das Erwachen mit Sicht über den Stausee war einmal mehr eindrücklich und echt, wir fühlten uns schon sehr zu Hause und eine riesige Vorfreude auf das noch kommende.

unser Übernachtungsplatz

Morgens um 8 fahren wir wieder los Richtung Taourirt, der ersten etwas grösseren Stadt im Landesinneren. Auf der Karte sah ich, dass es dort einen Shop von Maroc Telecom gibt, wir brauchen noch eine Telefonkarte für unser Internet. In der Stadt das altbekannte Gewusel: Eselskarren, Mopeds, Autos, LKW’s, Fussgänger und Busse, und mittendrin wir mit unserem Knutschi. Die Blau-rote Säule mit arabischer Schrift fällt uns sofort auf, der Shop kann nicht mehr weit sein. Blinker stellen, Parkplatz direkt vor dem Shop und schon stürmen wir hinein. Wir werden sehr freundlich empfangen, sagen auf französisch, dass wir eine Karte für Internet haben wollen und schon konfiguriert eine ganz junge Frau mit flinken Fingern unser Handy, währendem der Verkäufer die Sim-Karte herrichtet und aktiviert. Keine 5 Minuten später macht die junge Frau einen Probeanruf und alles ist ok. Wir bezahlen die 20 Dhm (2€) für die Simkarte und probieren im Knutschi unser Internet aus. Das funktioniert aber noch nicht ganz, also zurück in den Shop und da erklären sie uns, wir müssten zuerst ein Guthaben kaufen. Wir kaufen das grösst verfügbare für 100 Dhm (10€), das uns der Verkäufer grad aktiviert und schon klappt alles. Und das alles immer sehr freundlich mit einem Lächeln. Irgendwie sind wir jetzt in Marokko angekommen.

Blick nach Debdou


Also fahren wir weiter Richtung Süden und Debdou. Ausserhalb der Stadt sind wir schon wieder alleine auf der Strasse und in Debdou verpassen wir die Hauptstrasse und machen eine Rundtour durch das Städtchen, unfreiwillig. Dafür halten wir noch bei so einem kleinen Laden an, kaufen Wasser, Cola und Brot und sind endgültig halbe Marokkaner.

Danach steigt die Strasse steil an, die nächsten 50km sind Baustelle, die Strasse wird verbreitert und da es anscheinend in den letzten Tagen stark geregnet hat, gibt es viel Matsch, Erdrutsche und kleine Umleitungen. Wer vorwärts kommen will, ist auf dieser Strasse falsch, für Abenteuer sind wir aber goldrichtig.

Augen zu und durch

Wir sind nun auf der östlichen Hochebene zwischen Taorirt und Bouarfa, einsam, karg und wahrscheinlich der Teil des Landes, der in Marokko am wenigsten Infrastruktur hat. Keine Campingplätze, sehr wenige Tankstellen, viele Ziegen und Schafe, wenig Bäume, viele Steine. Einfach faszinierend!

Nach der Pause fahren wir weiter und sind gespannt, ob die Familie, die wir besuchen wollen, noch dort lebt und uns noch kennt vom letzten Jahr.


Übernachtung

Barrage Mohamed V - Stausee****
frei

sehr schöner Platz am See, Zufahrt etwas rumpelig

Koordinaten: 34.66913,-2.975011
N 34° 40' 8.9"  E -2° 58' 30"
letzter Besuch: 11.2018

Schade 2.11.2018

Die Familie, die wir besuchen wollten, lebt nicht mehr dort

So stehen wir heute während dem Sonnenuntergang

Schade, wir haben das Womo voll Mitbringsel für Fatma und deren Familie, die uns letztes Jahr so herzlich bewirtet haben. Das Haus finden wir und fahren direkt mit unserem Womo vor, aber es sieht verlassen aus. Vom Nachbarshaus, 300m weiter, treten scheu drei Kinder zu uns. Wir fragen nach Fatma und das mittlere Mädchen schüttelt den Kopf. Die Verständigung ist nicht gerade einfach, aber ich hole das Handy und den Google-Übersetzer und tippe ein: «Letztes Jahr lebten da Fatma und ihre Familie, sind sie noch da?» Dann lasse ich diesen Satz vom Handy auf arabisch vorlesen. Das Mädchen schüttelt wieder den Kopf. «Weisst du, wo sie jetzt sind?» Wieder schüttelt sie nur den Kopf, aber wir merken auch, dass sie die Fragen so versteht. Leider kann sie nur ja und nein sagen, denn wir glauben, sie kann nicht schreiben. Anita gibt den drei Kindern als Dank noch Süssigkeiten und ihre Augen beginnen sofort zu strahlen.

Abendessen kochen


Schade, dass wir diese Familie nicht mehr vorfinden. Was ist wohl mit ihr passiert? Das Haus steht noch so wie bei unserem letzten Besuch, alles aufgeräumt, menschenleer und unbewohnt. Wir drehen unser Wohnmobil und fahren in bedrückter Stimmung weiter. Wir hätten sie so gerne beschenkt und nun wissen wir nicht mal, wie es ihnen geht. Und die Chancen stehen schlecht, dass wir sie je wieder mal sehen werden. Wir kennen nicht mal ihre Nachnamen. Zum Bericht von letztem Jahr

Im Auto reden wir nicht mehr viel, Anita und ich hängen unseren Gedanken nach und das passt zu dieser wüstenähnlichen Gegend. Wir fahren bis kurz vor Âïn Benimather und parkieren unser Knutschi für die Nacht auf einem einsamen Feldweg.

Wir grillen auf dem neuen Grill einen Teil unserer Würste, da das Tiefgefrierfach die lange Fährfahrt nicht kalt überstanden hat. Im Fach war es gleich warm wie im Rest vom Knutschi.

Danach geniessen wir den farbenprächtigen Sonnenuntergang und studieren immer irgendwie dieser verloren gegangenen Familie nach.

Morgen müssen wir unbedingt Diesel tanken, auf den 240km seit Taorirt haben wir keine einzige Tankstelle gesehen…

Sonnenuntergänge in Marokko


Übernachtung

Âïn Benimather - Frei****
frei

auf einem Feldweg unweit der Strasse

Koordinaten: 34.03942,-2.166890
N 34° 2' 21.9"  E -2° 10' 0.8"
letzter Besuch: 11.2018

Einsam, einsamer, am Einsamsten 3.11.2018

Heute fahren wir 321km und sehen nur drei Dörfer

diese Strasse nahmen wir NICHT

Man merkt, wir sind im touristisch nicht erschlossenen Osten, fahren über 300km und sehen nur drei Dörfer und eines von diesen dreien fahren wir mit Umweg noch extra an, sonst wären es nur zwei. Einfach gewaltig so etwas. Aber der Reihe nach: morgens fahren wir die 20km nach Âïn Benimathar, dort soll es am Kreisel eine Tankstelle haben und wir brauchen Diesel. Kein Problem sie zu finden, also tanken wir 93l für 1000 Dhm (ca. 100 €) ohne Kreditkarte und fragen gleichzeitig, ob wir auch irgendwo Wasser füllen dürfen. Der Tankwart zeigt uns einen kleinen (sehr kleinen) Wasserhahn im Nebengebäude. Aber immerhin, unsere 6l-Giesskanne hervorholen und ca. drei Minuten warten, bis sie endlich voll ist. Das könnte ja ziemlich lange dauern…

warten, bis die kleine Giesskanne voll ist

Als bei unserem Frischwassertank wieder zwei Dioden brennen, sind wir zufrieden und brechen ab. Es geht sonst einfach zu lange, auch, weil zwischendurch das halbe Dorf kommt, um die Wasserflaschen hier zu füllen. Wir packen zusammen und fahren eine Runde ums Dorf. Leider sehen wir keinen Markt, denn wir hätten gerne noch eingekauft, also stoppen wir bei einem typisch marokkanischen Gemischtwarenhändler, kaufen zwei Brote und eine Datenguthaben für unsere Simkarte von 200Dhm als Reserve. Allerdings hat er keine solch grosse Karte an Lager, die grösste ist 10 Dhm, aber er schickt einen Boten mit dem Mofa los und keine 5 Minuten später erscheint er wieder mit zwei Hunderter-Datenvolumenkarten. Wir bedanken uns und fahren danach weiter Richtung Süden.

ein marokkanischer Supermarkt

Die N17 ist eine Hauptstrasse der algerischen Grenze entlang, aber hier ist grad gar nichts los. Hin und wieder kommt uns ein Auto entgegen, die Strasse rumpelt etwas wegen dem rauhen Belag. 113km weiter mit zwischendrin einfach Nichts und wieder nichts, stehen wir an der Abzweigung, die wir eigentlich nehmen wollen, in einer Polizeikontrolle. Pässe rausrücken und die Fiche abgeben. Die Fiche ist ein vorbereiteter Zettel mit Namen, Vornamen, Passnr, etc etc, so, dass die Polizei nicht alles aufschreiben muss und so mehr Freude an uns haben (Einen speziellen Eintrag zur Fiche werde ich später noch nachreichen). Unsere Fiche wird einbehalte, die Pässe kontrolliert und wir fragen den Polizisten dann, ob in Tendrara Souk ist und ob man da eine Tajine kaufen kann. Er weiss es nicht wirklich, also machen wir den kleinen Umweg und fahren in unser heutiges zweite Dorf. Hier ist wieder ziemlich wenig los, kein Markt, keine Tajinehändler.

Also wieder zurück zur Polizeikontrolle und dann ab auf die N19. Der Ort Borj de Bel Frissate 36km später stellt sich nur als Wegweiser heraus, weit und breit nichts anderes. Immerhin, diese Abzweigung ist nicht zu übersehen. Also zweigen wir ab, die Strasse wird noch schmaler und der Wegweiser markiert 114km bis nach Anoual, dem nächsten Dorf…

Wir fahren im Nirgendwo, wunderschöne Gegend, wüstenähnlich oder besser gesagt reine Wüste, geradeaus bis zum Horizont! Ganz alleine ist man aber nicht, wir sehen immer irgendwo einen Schafhirten mit seiner Herde oder irgendwo in der Pampa ein Nomadenzelt. Wir cruisen etwa mit 70 km/h daher, viel mehr lässt das Geholpere nicht zu. Wir mussten sogar den Tisch ganz hinunter lassen, damit er nicht die ganze Zeit scheppert.

einfach immer weiter

Etwa 50km vor der Ortschaft Anoual winken am Strassenrand zwei Marokkaner mit dem Zeichen, wir sollen halten. Wir wissen, dass das hier so üblich ist, wenn sie mitgenommen werden wollen. Wir stoppen und sie fragen nach Anoual. Wir nicken, sie strahlen und wir weisen ihnen in unserem Knutschi einen Platz zu. Still sitzen sie da, sie sprechen kein einziges Wort englisch, französisch oder Spanisch, nur arabisch. Also unterhalten wir uns nicht. Einer der beiden entdeckt dann unsere USB-Dose mit dem eingestecken Ladekabel und so lädt er während der Fahrt noch sein eigenes Handy damit.

Endlich kommen wir in Anoual an und die zwei geben uns am einzigen Ort, wo wir einige Menschen sichten, das Zeichen zum Stoppen. Die zwei steigen aus, schütteln uns die Hände und bedanken sich sehr freundlich. Auch ein Kollege, der anscheinend hier gewartet hat, macht zu uns das Zeichen mit dem Daumen hoch und sie verschwinden im Markt. Denn tatsächlich, hier ist Markttag, darum wollten die beiden die 60km in diesen Ort reisen.

Auf den 114km haben wir insgesamt übrigens drei andere Fahrzeuge gesichtet, die auf dieser Strasse unterwegs waren.

Auch wir steigen aus, lassen unser Knutschi auf der Strasse stehen und schlendern durch diesen Markt. Viel gibt es allerdings nicht: Zwiebeln, Granatäpfel, Schafe, Ziegen, Hühner, Karotten, Peperoni, Datteln und ein paar Kleider und Plastikbecken. Mehr gibt es in dieser abgeschiedenen Gegend anscheinend nicht zu kaufen. Allerdings sehen wir tatsächlich ein Metzger, der auch schon tote, entfederte und ausgenommene Poulet verkauft. Normal leben die Hühner beim Kauf ja immer noch... Also kaufen wir so ein Poulet, Karotten, Peperoni und Zwiebeln, packen alles in meinen Pullover, den Taschen gibt es hier nicht, die müsste man selber mitbringen.

Marokkanischer Metzger mit 5 Poulets

Nach diesem kurzen Einkauf, der uns insgesamt etwa 50 Dhm gekostet hat, geht’s weiter. Allerdings wollen wir nicht mehr allzu weit fahren und so halten wir rund 10km später an einem Feldweg, folgen diesem dreihundert Meter weiter bis wir auf einen schönen, ebenen Kiesplatz mitten im ausgetrockneten Flussbett stehen.

Hier schlagen wir unser Nachtplatz auf, in einer wohl der abgeschiedensten Gegenden von ganz Marokko.

Den Sonnenuntergang schon etwa um 17 Uhr geniessen wir in vollen Zügen, ebenso wie unser gegrilltes Poulet, das praktisch kein Fett hat. War wohl ein sehr mageres Huhn, das nicht wirklich gemästet wurde.

Jetzt ist es draussen stockdunkel, also wirklich dunkel, eigentlich pechschwarz, nirgends ein Licht zu sehen ausser den funkelnden Sterne. Das gibt sicher noch tolle Nachtfotos!


Übernachtung

Anoual - Ain Ouaouizert****
frei

auf ebenem Kiessplatz

Koordinaten: 32.60748,-3.323591
N 32° 36' 26.9"  E -3° 19' 24.9"
letzter Besuch: 11.2018

Der Weg ist das Ziel 4.11.2018

Wieder unter Menschen und schon haben wir einen Teppich gekauft.

Der Weg ist das Ziel

Nach einer ruhigen einsamen Nacht erhalten wir am Morgen von zwei Soldaten Besuch. Sie sahen uns von der Strasse, drehten und fuhren direkt zu uns. Natürlich sahen wir sie kommen und mein Puls erhöhte sich rasant, nun ist eine List gefragt. Eigentlich ist frei Übernachten in Marokko nicht erlaubt, das Militär und die Polizei haben Angst, dass wenn einem Touristen etwas passiert, keine Touristen mehr ins Land kommen. Was sollen wir machen, wollen die uns jetzt verhaften? Das Auto hält neben uns, ich packe sofort meine Landkarte, trete aus dem Womo und gehe auf die beiden Soldaten zu. Sie grüssen freundlich, ich natürlich oberfreundlich zurück und frage sofort, ob sie mir eventuell eine Auskunft geben könnten. Auf der Landkarte frage ich nach einer Strasse, ob das eine Piste ist oder asphaltiert. Die zwei beginnen zu diskutieren, drehen die Karte mal links dann rechts und kommen danach zum Schluss, dass dies eine Piste sei. «Ok, dann können wir die nicht fahren, wir wollen auf der asphaltierte Strasse bleiben» entgegne ich den beiden. Sie scheinen irgendwie erleichtert zu sein und fragen dann, ob wir hier übernachtet haben und wohin wir noch wollen. Ist das jetzt eine Fangfrage? Ich bleibe bei der Wahrheit und zeige ihnen auf der Karte unsere Route. Die beiden wünschen uns freundlich eine gute Weiterfahrt, drehen ihr Fahrzeug und verschwinden wieder.

Komisch, irgendwie habe ich nun schon zum dritten Mal das Gefühl, dass die Einheimischen jedes Mal erleichtert sind, wenn wir sagen, dass wir nicht nach Marakkesch wollen, sondern weiter südlich. Auch weiss ich nicht so recht, was dieser Besuch für einen Sinn hatte. Egal, wir packen zusammen und beginnen unsere Tagesetappe.

In Talsinnt nehmen wir nun nicht die Strasse Richtung Süden, da die nach Infos der Soldaten später in eine Piste wechselt. Und die geschotterten Pisten wollen wir mit unserem Knutschi eigentlich meiden, denn wir haben ja kein Ersatzrad dabei. Also folgen wir der Strasse weiter durch die fantastische Hochebene mit der schmalen Strasse ohne Verkehr. Irgendwann nach einem ganzen Stück sehen wir plötzlich links eine asphaltierte Strasse wegführen. Wir fahren aber etwa einen KM weiter, halten dann und schauen auf der Karte, wo diese Strasse hinführt. Es wäre genau unsere gewünschte Richtung aber auf der Karte ist die Strasse so klein eingezeichnet, dass es bestimmt nicht alsphaltiert ist. Aber wir wollen sie dennoch versuchen, würden wir doch etwa 70km Weg sparen und umdrehen können wir immer noch. Zuerst müssen wir aber mal hier auf der Strasse wenden…

Wendemanöver auf der Hauptstrasse

Die kleine Strasse ist durchgehend asphaltiert, war früher aber bestimmt eine Offroadstrecke. Insgesamt drei Gruppen mit Motogrossfahrer und Jeep-Möchtegern-Offroader kommen uns auf den nächsten 50km entgegen. Ha, denen vermiesen wir wahrscheinlich ihre Ego-Tripp-Bluff-Tour in Marokko. Zu Hause erzählen sie, was für gefährliche geile Offroadpisten sie abgefahren sind und im Hintergrund auf dem Foto steht unser Knutschi…

Der Weg ist das Ziel

Während der Fahrt entscheiden wir, dass unser Tagesziel die Stadt Midelt ist, einem Zentrum für Offroadfreacks, die den Cirque de Jaffar erklimmen wollen. Das liegt aber mit unserem Knutschi echt nicht drin. Aber in einem Bericht darüber meinte ich gelesen zu haben, dass Midelt einen Campingplatz hat. So fahren wir aufs geratewohl in die Stadt, schliesslich wollen wir noch einkaufen. Schnell sehen wir auch ein Schild mit Municipal Camping und keine fünf Minuten später haben wir auf dem menschenleeren Campingplatz Stellung bezogen. Irgendwie fühlt es sich so sicher und heimelig an, an einem Ort in der Stadt, wo man sicher übernachten kann.

Etwas später kommt dann der Campingplatz Chef mit einem Begrüssungstee und den Formularen. Er plaudert und spricht recht gut Französisch. Wir fragen ihn, ob man hier irgendwo eine Tajine kaufen kann. Klar doch, und was wir sonst noch brauchen. Wir sollen hier warten, er schicke grad einen alten Berber von den Bergen vorbei, der könne alles organisieren.

Kurze Zeit später kommt ein kleines, altes Männchen zu uns, setzt sich und beginnt zu erzählen. Ich gebe jetzt einfach wieder, was ich verstanden habe oder gemeint habe, zu verstehen. Ich weiss auch nicht, was alles Verkaufslatain ist und was echt.

Er ist ein alter Berber aus den Bergen, der gestern eine Tagesreise hergereist ist. Hier auf dem Campingplatz bekomme er jeweils ein Zimmer, wo er schlafen kann. Dann sei er heute Morgen auf den Markt um seine Berberware zu verkaufen, heute schlafe er nochmals hier und reise morgen wieder einen Tag nach Hause. Er habe zwei grosse Kinder und drei Kleine in den Bergen.

Ob wir Lust haben, seine Berberware anzuschauen. Klar haben wir, obwohl wir genau wissen, dass das für uns der Entscheid ist, etwas zu kaufen. Er bittet uns in sein Schlafzimmer auf dem Campingplatz und beginnt ein paar Teppiche auszurollen und erklärt bei jedem, aus was für Material er ist, was die Zeichen darauf bedeuten. Es sind echt schöne Teppiche, fein gewoben in verschiedensten Techniken. Jetzt ganz ehrlich, wir wollten echt einen feinen, relativ grossen Teppich für unser Womo, den wir auch als Schlafdecke oder als Picknickdecke verwenden können. Das soll jetzt nicht als Ausrede gelten, wollten wir echt, wirklich. Wir lesen einen wirklich schönen Teppich aus, aus echter Wolle von lebendigen Schafen, mit Zeichen der Berber die einen beschützen, wo jeder Berber mindestens einen im Zelt haben muss. Der Teppich hat eine Frau vier Monate gewoben. Diese Berberfrauen weben höchstens zwei Teppiche pro Jahr, denn für mehr haben sie keine Zeit, neben den normalen Hausarbeiten, usw usw.

Teppich gekauft


Dann erklärt uns Asaul, so heisst der alte Berber, dass er nun einen Preis auf einen Zettel schreibt, wir unseren Preis darunter, was er uns wert ist und dann wird die Mitte genommen. So mache man dies unter echten Berbern.

Sein Preis auf dem Zettel 2850 Dhm, etwa 285 CHF, wir schreiben 1800 drauf und bezahlen danach 2300 Dhm. Ganz ehrlich, das finden wir einen fairen Preis. Letztes Jahr haben wir für zwei Teppiche bei einem Händler ungefähr 600 CHF bezahlt und jene waren ein Stück kleiner. Und echt, ich glaube Asaul fast alles, was er uns erzählt hat.

Danach fragt er uns, ob wir eine alte Kasbah besichtigen wollen, die über 800 Jahre alt ist und rund 300 Menschen drin wohnen. Klar wollen wir, aber wir haben keine Ahnung, was eine Kasbah eigentlich ist (Wikipedia: durch Mauern abgegrenzte und früher hier stationierten Militäreinheiten bewachte Burg- oder Festungsanlage oberhalb oder innerhalb der Altstadt). Also laufen wir mit Asaul los. Unterwegs kauft er Anita noch eine Wasserflasche, denn schliesslich ist der Weg das Ziel. Irgendwann biegen wir in diese Kasbah ab, und es ist nicht respektlos gemeint, aber bei uns leben die Kühe komfortabler wie hier diese Menschen. Es geht durch Tunnels unter Mauern hindurch, zwischen schmalen, dreckigen Gassen bergwärts in Hinterhöfe, wo Menschen lachen und Wäsche aufhängen. Und voller Stolz erzählt unser Fremdenführer, wie die Leute hier leben und Feste feiern, aber beim letzten Regen sei dort eine Mauer zusammengestürzt, darum sehe es nicht so aufgeräumt aus.

in der Kasbah von Midelt unterwegs

Es war eindrücklich, so etwas zu sehen, auch wenn wir froh waren, als wir wieder draussen waren. Asaul redet mit den Frauen auf der Strasse, stellt sie uns vor und unser Spaziergang wird immer länger. Der Weg ist das Ziel. Irgendwann stehen wir etwas oberhalb der gesamten Stadt und er sagt, wir sollen doch Fotos machen. Ist doch herrlich, diese Aussicht! Wir enttäuschen ihn nicht und finden es ebenfalls herrlich, auch wenn heute jeder Ausblick auf unserer Fahrt schöner war.

Nach über eineinhalb Stunden sind wir dann ziemlich erledigt auf dem Campingplatz zurück, wo uns grad das bestellte Nachtessen (natürlich Tajine) im Womo serviert wird.

Das Abendessen im Womo serviert

War das wieder ein Tag!


Übernachtung

Midelt - Camping Municipal***
Camping

ziemlich schön

Koordinaten: 32.67772,-4.737688
N 32° 40' 39.8"  E -4° 44' 15.7"
letzter Besuch: 11.2018

Verschätzt 5.11.2018

Ein Marokkaner der nicht Auto fahren kann, quer durch den Markt und über die unendlichen Berge

Während wir morgens eine halbe Stunde warten, bis unser Frischwassertank wieder voll ist, fahren plötzlich zwei junge Schweizer auf dem Campingplatz. Wir tauschen auf Mundart noch ein paar Tipps aus und fahren dann doch los Richtung Süden. Wir wollen heute den Atlas überqueren und in den Süden gelangen.

Kurz nach dder Abfahrt am Fusse des Tizi-n-Tairhemt (1907müM) werden wir von der Polizei gestoppt. Ausnahmnsweise keine Kontrolle, sondern ein Militärkonvoi kommt uns entgegen und der muss in den Bergen freie Fahrt haben. 20 Minuten später sind die fünf Sattelschlepper durch und wir können endlich losbrausen. Die Strasse ist gut ausgebaut, ziemlich Verkehr, was wir gar nicht mehr gewohnt sind. Alles in allem nichts Spannendes. Da muss doch noch etwas mehr kommen, etwas Abenteuer wäre nicht schlecht. Wenn wir da gewusst hätten, dass wir heute noch allemal genug Abenteuer bekommen würden, wären wir auf der Hauptstrasse geblieben. Aber das wussten wir da noch nicht. Also kramen wir die Karte hervor und sehen dass von Rich nach Tineghir, unserem Etappenziel, auch eine kleinere Strasse über die Berge führt. Blinker lins raus und dem Wegweiser Imilchil folgen. 123km auf dieser Strasse bis zum nächsten Abzweiger, easy!

Rich - Imilchil

Nach ein paar hundert Meter kommt die Ortstafel Rich, schöne breite Strasse, ziemlich viele Leute unterwegs. Wir fahren durch das Stadttor und sind plötzlich auf einem grossen Platz voller Leute und keine Strasse mehr. Wo durch? Ich drehe unser Knutsch und fahre wieder zum Stadttor hinaus, dort studieren wir die Karte. Doch, wir müssen einfach geradeaus, aber nach dem Platz führt keine Strasse weg. 2. Versuch: wieder durch das Stadttor und dann fahre ich einfach links einem kleinen Büsschen nach und versuche, diesen Platz zu umfahren. Die Strasse wird zum Strässchen, Eselskarren, Fussgänger, parkierte Autos, entgegenkommende Lastwagen, dann wieder rechtwinklig nach rechts und zwischen all den Fussgängern sehe ich, dass es 40m weiter vorne wegen einem parkierten Auto verdammt schmal wird. Also stoppe ich und will den Gegenverkehr passieren lassen. Der jedoch signalisiert mir, dass ich fahren soll. Also dann los.

nicht immer, aber ziemlich oft

Tja, mein Augenmass hat nicht getäuscht, trotz eingeklappten Rückspiegeln komme ich nicht vorbei und der entgegenkommende Idiot von Marokkaner fährt mir auch noch entgegen. So kommen wir nie aneinander vorbei. Ich versuche wieder ein paar cm zurück zu fahren und der Marokkaner fährt sofort die gleiche Richtung wie ich. So wird das nie etwas! Ich versuche ihm durchs Fenster zu erklären, er müsse nur drei Meter retour und schon sind wir vorbei. Aber irgendwie versteht er mein arabisch nicht und macht immer das Gegenteil. Inzwischen sind wir schon zu einer gewissen Attraktion in der Menschenmenge geworden, bis dann ein junger Bursche dem hoffnungslos überforderten Autofahren erklärt, er müsse jetzt einfach zurück fahren. Nach einer gespürten Ewigkeit kommen wir dann endlich vorbei. An den schwarzen Reifenspuren auf Knutschis unterer Seitenabdeckung hat sich der Marokkaner mit der Distanz doch auch etwas verschätzt. Bei uns aber schlussendlich nichts kaputt. Aber durch sind wir noch lange nicht, treffen aber auf Könner von Autofahrer und sind dann endlich durch dieses Kaff durch.

Zuerst mal eine Pause.

Und dann fahren wir weiter, immer schön in diesem Tal neben dem Fluss in den Bergen. Die Berge werden höher, die Strasse schmaler, der Verkehr weniger, das Tal höher, die Leute ärmer. Nach einer Stunde haben wir grad knapp 40km geschafft, und wir müssen mindestens 123km bis zur nächsten Abzweigung. Die Strasse wird noch schmaler, die Löcher grösser und zahlreicher, die weggeschwemmten Strassenstücke länger, der Asphalt weniger. Nach einer weiteren Stunde haben wir wieder 30km geschafft und wieder wird eine Pause fällig.

wenn der durchkommt, wir auch!

Eine Familie mit Eltern und drei Töchtern kommen zu uns zum Wohnmobil, sie haben vorher im rotbraunen Wasser die Kleider gewaschen. Sie lachen, strecken uns die Hände entgegen und begrüssen uns. Ich frage nach Imilchil und zeige in unsere Fahrtrichtung. Die grösste Tochter nickt und dann fragt die Mutter, ob wir nicht irgendwelche Kleider zum Verschenken haben. Sie zeigen mit dem Finger auf ihre Hütte, wo sie total von der Welt abgeschnitten leben. Klar haben wir für diese Familie Kleider, denn die Sachen für die andere uns bekannte Familie konnten wir ja noch nicht verschenken. Also holt Anita drei Jacken und zwei Schokoladen und die gesamte Familie bedankt sich überschwänglich und winkt uns noch lange zu.

Auf einem Grossteil des Weges winken uns Kinder zu, einige machen auch Zeichen, wir sollen anhalten. Wir wissen, dass sie nur betteln wollen und bei uns gibt es normalerweise nichts ohne Gegenleistung. Bei einer Gruppe Kinder sehen wir, dass sie etwas verkaufen wollen. Da stoppen wir und lassen uns ihre Schätze zeigen. Sie haben Baumnüsse gesammelt und zeigen sie uns voller Stolz. Also tauschen wir Süssigkeiten für einen Sack Baumnüsse und alle sind zufrieden.

kilometerlang so

Das Wasser im Fluss fliesst uns immer noch entgegen und es sieht nirgends nach einem Passübergang aus. Inzwischen schaffen wir nur noch 20km pro Stunde und wissen, dass wir uns mit der Strecke verschätzt haben und heute Tineghir nicht mehr erreichen. Notfalls müssen wir halt in den Bergen irgendwo frei übernachten.

Aber um 16 Uhr erreichen wir dann die Passhöhe doch noch, die ersten Schneefelder links und rechts, ein zügiger Wind, aber wir haben keine Ahnung, wie hoch wir hier sind. Nach Karte sind die Bergspitzen um 3000m und viel weiter unten sind wir nicht…

zwischendurch auch so

Nach der Passhöhe sind es dann nur gerade 7km leichte Abfahrt und wir stehen an einer Strassenkreuzung: Tineghir 94km, Camping 15km. Das ist ja perfekt! Für die 15km haben wir aber gerade nochmals eine halbe Stunde und erreichen den unebenen Kiesplatz der Herberge gerade noch vor dem Eindunkeln. Aber hier können wir über Nacht campieren und werden in dieser Herberge grad noch eine Tajine essen, die wir auf 19 Uhr bestellt haben.

Ach ja, die Marokkaner wissen immer noch nicht wirklich, wie spät es ist. Manchmal ist es 18 Uhr, manchmal 19 Uhr zum gleichen Zeitpunkt. Scheint aber niemand zu merken und auch niemand zu stören.


Übernachtung

Agoudal - Kasbah Citoyenne**
Stellplatz

vor der Unterkunft

Koordinaten: 32.01393,-5.483629
N 32° 0' 50.2"  E -5° 29' 1.1"
letzter Besuch: 11.2018

Hoch oben und tief unten 6.11.2018

Hochs und Tiefs wechseln sich auf der heutigen Etappe ab

auf über 2700m (mit Adiletten)

Die Nacht war windig und ziemlich kühl (3 Grad), wir hatten etwas Mühe mit der Höhe. Das Dorf Agoudal liegt auf über 2300m Höhe und ist eines der höchstliegendsten von Marokko. Der Hotelverantwortliche sagt uns, dass sie letzten Winter etwa 1.50m Schnee hatten und ganze 20 Tage vom Rest von Marokko abgeschnitten waren. Und wenn man bedenkt, dass hier lange nicht alle Häuser auch nur einen Ofen drin haben! Ok, dafür haben sie warme Wolldecken und Teppiche, die die Menschen warm halten. Teppiche haben sie auch im Hotel, die sie verkaufen würden. Und jetzt denkt ihr sicher, dass meine Holde Kunigunde schon wieder einen Teppich gekauft hat. Wer das denkt, kennt meine Anita schon gut. Richtig, wir haben wieder einen gekauft. Allerdings nur einen dünnen, leichten, so einen, den wir schon lange gesucht haben… Aber hier am Ende der Welt, wo die Teppiche wirklich auch gemacht werden, haben wir auch nur noch 700 Dhm (70€) bezahlt, ohne Handeln ohne nichts. Stücke von einem Meteorit hätten wir auch noch kaufen können, denn so einer ist in der Gegend hier mal abgestürzt und hier im Dorf haben sie einen Metalldetektor, womit sie das sehr eisenhaltige Gestein aus dem Weltall suchen und an Touristen verkaufen. Haben wir aber nicht gekauft, aber immerhin hatten wir mal ein Stück ausserirdisches Gestein in der Hand.

Nach der Verabschiedung geht es weiter und man glaubt es kaum, das Wasser kommt uns im Flüsschen immer noch entgegen, das heisst, die Strasse steigt immer noch an. Als wir den Tizi-Tirherhouzine als Passhöhe erreichen, haben wir eine Höhe von 2706m.ü.M. und das mit unserem Knutschi!

wunderschöne Passstrasse


Die Aussicht ist fantastisch und klar, machen wir Fotos. Nach der Pause geht es dann ins Tal runter Richtung Todras-Schlucht. Die Strasse ist übrigens bedeutend besser wie gestern, aber dennoch holpert es zwischendurch ziemlich und auch die Wasserpassagen durch den Fluss werden nicht weniger. Aber es geht ganz easy.

nicht überall ist es karg auf über 2400m

In Âït-Hani sehen wir, dass hier hoch in den Bergen oben auf einem freien Feld Markt ist. Schnell stoppen wir unser Knutschi am Strassenrand, packen die Geldbörse ein und schlendern durch den Markt. Wir kaufen Gemüse für eine Tajine, Bananen, 1l Olivenöl und auch endlich marokkanische Gewürze. Mit drei Rundbroten aus einer Bäckerei etwas später bezahlen wir für diesen Einkauf umgerechnet etwa 7 Franken, und wir haben viel Gewürze gekauft!

Wir kaufen übrigens bewusst auf Märkten bei der Landbevölkerung ein, denn wir finden, so können wir diese Menschen am besten unterstützen. Auf dem gestrigen Weg und auch auf dem heutigen etwas weiter unten treffen wir ziemlich viele Kinder, die das Gefühl haben, wir würden ihnen einfach etwas verschenken. Machen wir aber aus Prinzip nicht und manchmal versuche ich denen zu erklären, wenn sie Dirham wollen, sollen sie arbeiten gehen wie ihre Väter. Ob es was nützt?

Todra-Schlucht etwas nördlich

Je näher wir zur Todra-Schlucht kommen, merken wir, dass die Kinder frecher werden. Und als dann ein so kleiner Knirps einen (kleinen Kiesel-) Stein in die Hand nimmt und anstalten macht, ihn gegen unser Wohnmobil zu werfen, ziehe ich eine Vollbremsung und steige sofort aus. Und ganz, ganz schnell ist dieser Knirps verschwunden. Der soll nicht das Gefühl bekommen, das die Touristen hier sind, um einfach Dinge zu verschenken. Als ich wieder einsteige, ruft mir sein kleiner Kollege noch «fuck you» nach, ich winke dem freundlich zu, lächle und blinzle ihm zu. Ich bin mir sicher, dass er gar nicht weiss, was er da ruft und jetzt nicht mehr sicher ist, ob er so die Touristen wirklich beleidigen kann. Das waren aber heute die zwei einzigen negativen Vorkommnisse und zeigen einfach wieder, sobald es zu viele Touristen gibt, die meinen, mit Geschenken den Menschen zu helfen, dass dies schlussendlich ein Eigengoal ist. Geschenke und Waren immer nur gegen eine geringe Gegenleistung!

Also, wir fahren nun die Todra-Schlucht von Norden her an und können sie in vollen Zügen geniessen. Schon eindrücklich, wie tief sich das Wasser durch diese Berge einen Weg gebahnt hat. Dann, kurz vor Ende der Schlucht kommt die engste Stelle und da ist dann wieder was los. Busse voll Touristen werden angekarrt, Fotos geschossen, Souvenirs gekauft. Ob diese Leute alle wissen, dass die Schlucht weiter hinten mindestens so schön ist und was sie alles verpassen? Die Busse drehen hier nämlich alle wieder um Richtung Tineghir.

dort, wo die Touristen sind

Auch wir fahren in diese Stadt hinein, wir holen zur Vorsicht Diesel (auf unserer Bergstrecken haben wir lange keine Tankstelle mehr gesehen) und holen aus einem Bankomaten auch Geld (das Bargeld ist bald alle), eingekauft haben wir in den Bergen, also kann es nach kurzer Zeit weitergehen.

Wir nehmen die R113 Richtung Süden und Alnif. Die Strasse ist viel besser wie erwartet und der Pass stellt sich als Pässchen heraus. Dafür sind plötzlich al die Herberge Camping, Hotels, die Camping anbieten, auch plötzlich verschwunden, das heisst, es gibt gar keine Herberge mehr. Und wir wollten eigentlich heute etwas früher Schluss machen.

Wir sind müde, die vielen Eindrücke der letzten Tage haben uns ziemlich zugesetzt, wie wir jetzt merken. Dann endlich, eine halbe Stunde später sehen wir an der Strasse durch jetzt Wüstengebiet eine kleine Herberge mit einem Wohnwagensymbol.

Fragen ob wir hier mit dem Campingcar übernachten können und beim Einchecken werden unsere Pässe mit dem Handy fotografiert. Das wars.

Und jetzt sitzen wir vor dem Womo, geniessen die Sonne und versuchen uns zu erholen.


Übernachtung

Anif - Kasbah Meteorites***
Stellplatz

schönes Hotel, ruhiger Platz

Koordinaten: 31.02802,-5.266221
N 31° 1' 40.9"  E -5° 15' 58.4"
letzter Besuch: 11.2018

Wohnmobilfahrer grüssen eben doch 7.11.2018

Wir sind heute wieder unter Wohnmobilisten und können sogar Dialekt sprechen

es wird wieder mehr Wüste

Bisher haben wir auf unserer Reise insgesamt 0 (null) Wohnmobilen begegnet, waren quasi ganz exklusiv unterwegs. Das änderte sich heute rapide und total. Morgens früh bekommen wir von Jacques und Lili ein Email, dass sie heute Zagora passieren, ob wir auch diese Richtung einschlagen. Ja, schlagen wir ein, so gegen zweite Hälfte Nachmittag werden wir in Zagora sein. Vielleicht treffen wir uns ja dort irgendwo.

Dann fahren wir los, die Landschaft wird wüstenähnlich, irgendwann sehen wir auch die ersten Sanddünen. Die Schlaglöcher werden weniger, die Strecken gerader und zum Teil wirklich bis zum Horizont schnurgerade. Und dann der grosse Moment: das erste Wohnmobil auf dieser Reise kommt uns entgegen. Grüssen alleine reicht nicht, da wird auch mit dem Licht gehupt und zum Fenster raus gewinkt, und keine Stunde später ein zweites entgegenkommendes. Genau das gleiche Szenario. Wer behauptet denn, Wohnmobilisten grüssen nicht mehr? Wir haben eine Erfolgsquote von 100%.

bis zum Horizont

Dann kommen wir in Zagora an, gehen noch schnell einkaufen, wir brauchen vor allem Wasser endlich wieder mal mit etwas Kohlensäure. Wir kaufen auch noch zwei farbige Tücher für den Turban von Anita und auch endlich ein kleines Teekännchen, aber KEINEN Teppich! Ist doch eine gewalts Leistung. Und während wir am Einkaufen sind, fährt draussen ein Luxembourgisches Womo mit coolem Design vor. Man findet sich in dieser Gegend also auch ohne SMS, Whatsapp und was weiss ich noch alles. Wir verabreden uns am Fluss unten und keine 20 Minuten später sitzen wir in einem Womo und tauschen unsere Marokko-erfahrungen aus. Sie haben auf ihrem Fiat Ducato 4x4 Reifen drauf, sieht das cool aus! «Ich will auch haben» denke ich zu mir, ist aber leider für unser Womo nicht möglich. Grrrr, warum haben andere coolere Sachen wie wir?

wir trefen Lilly und Jaq


Aber egal, es war eine schöne Stunde bis wir uns verabschieden und wieder jeder seines Weges zieht. Wir fahren aber nicht mehr lange und schwenken auf einen Campingplatz hier in Zagora ab. Diesen haben wir schon letztes Jahr angefangen und wissen, dass es einfach schön grün hier ist.

Wie alte Kenner fahren wir auf den Platz, fahren dabei einem sehr coole, dreiachsigen alten und schönen Truck-Wohnmobil mit Nummernschild BL 2 vorbei? Schweizer? Kaum stoppen wir, werden wir von deutschen Fotografen schon mit Namen begrüsst und keine 5 Minuten später sitzen wir mit Klaus und Oktavia zusammen. Wieder fünf Minuten später kommen auch Moritz und Maya aus ihrem Truck zu uns und wir können nun sogar Dialekt reden. Also, von allen Wohnmobilisten, die wir auf dieser Reise gesehen haben, haben zwei überschwenglich gegrüsst und mit den andern drei sitzen wir zusammen. Erfolgsquote über 100% würde ich mal sagen.

Mokama

Moritz erklärt mir noch seinen, in drei Jahren selber restaurierten und umgebauten Unic. eine Wahnsinnsmaschiene! Unbedingt anschauen: mokama.ch

Und jetzt sitzen wir vollgegessen, von einer selber gemachten, sensationell guten Tajine vor dem Womo, geniessen noch immer die ralative Wärme von 18 Grad und schreibe den Blog.

Was will man mehr?

unser Abendessen wird zubereitet

Übernachtung

Zagora - Camping palmeraie d amezrou****
Camping

relativ neu, gute Infrastruktur

Koordinaten: 30.31398,-5.830581
N 30° 18' 50.3"  E -5° 49' 50.1"
letzter Besuch: 11.2017

Reisestrecken

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