Fast 800km haben wir heute am ersten Tag zurückgelegt
Abfahrbereit
Ein richtig schöner Womotag sieht anders aus, aber wir haben Urlaub und das ist doch schon ein gutes Gefühl. Bei -9 Grad fahren wir morgens um 9 los, zuerst Richtung Norden über Österreiche – Deutschland nach Karlsruhe. Dort machen wir kurz zwischenstop bei Crystop, lassen unsere Controllbox ergänzen und ein Software-Update wird aufgespielt und danach haben wir wieder einwandfreies Internet über Satellit.
Danach setzen wir unsere Fahrt nach Frankreich fort und kommen um 20 Uhr im dicken Nebel auf einem kleinen Stellplatz in der Nähe von Reims an, genauer gesagt in Chamery an. Wie der Stellplatz genau ist, sehen wir nicht, dunkel und stockdicker Nebel. Aber wir müssen hier ja nur schlafen, morgen geht es sofort weiter über Paris nach Le Mont-Saint-Michel zwischen Normandie und Bretagne. Ich freue mich riesig, diesen Klosterberg endlich mal zu sehen. Als junger Velorennfahrer schaute ich im TV die Tour de France mit dem Etappenziel an jenem Ort. Ich weiss noch ganz genau, dass jene Etappe der Belgier Johan Museeuw gewonnen hat. Einige Jahre später teilte ich mit ihm das Hotelzimmer, aber den Klosterberg habe ich während meiner Karriere noch nie live gesehen.
Den ganzen Tag wurde es immer etwas wärmer, jetzt hat es Null Grad, in einer so warmen Gegend war ich in den letzten 10 Tagen nie…
800 km und 8:30 Std Fahrt ist genau richtig, aber schon an der oberen Grenze. Aber morgen nochmals etwa 500km und wir sind in unserem Ziel, der Bretagne ganz nahe. Ab dann können wir es locker nehmen und beginnen, zu geniessen.
Wir waren wieder den ganzen Tag unterwegs, aber nun sind wir in unserer Zielgegend gut angekommen und können auf Entdeckungstour.
Le Mont-Saint-Michel
Morgens erwachen wir ohne Nebel und können uns endlich mal etwas umschauen, wo wir gestern gelandet sind. Sanfte Hügel, viele Rebstöcke. Sieht ganz schön aus, aber wir wollen ja weiter. Noch kurz unsere Toilette leeren, Strassenkarte konsultieren und los.
Da Anita fährt, jage ich sie nach Karte über die gut ausgebauten Landstrassen, das Navi will immer in eine eigene Richtung, aber egal. Ich will die nächsten 200km über Land fahren, so sparen wir rund 70km Strecke und viel Mautgebühren. Die Autobahnen sind ja nicht wirklich günstig in Frankreich. Wir umfahren so Paris nördlich, erreichen so problemlos Rouen und gehen unterwegs noch einkaufen. Immer wenn wir in eine neue Gegend kommen, macht das Einkaufen so richtig Spass. Auch brauchen wir dann besonders lange, um all die Regionalen Produkte zu begutachten. Ins Auge fallen uns da natürlich das Kühlregal mit den Aktionen auf, Herz, Schweinskopf, Magen, Schweinehirn und sonstige Innereien. Ich habe echt nicht gewusst, dass man hier einfach so Schweinshirn kaufen kann. Wie bereitet man dies echt zu? Geschaut haben wir, gekauft haben wir auch bei den Schnecken nichts, aber sonst sind unsere Vorräte wieder aufgefüllt.
Die Fahrt geht weiter gegen Westen und die Temperatur steigt von -1 Grad auf sagenhafte plus 3. Endlich wenigstens wieder im positiven Bereich. Aber das Wetter wird mit jedem Kilometer schöner und als wir das Meer das erste Mal sehen, strahlend blauer Himmel. Es scheint, ob die Bretagne auf uns gewartet hat, auch wenn wir momentan noch knapp in der Normandie sind.
So kommen wir nach dem zweiten Tag fahrt um 17:30 Uhr bei Le Mont-Saint-Michel an, dem Klosterberg im Meer. Riesige Parkplätze, aber nur ganz wenige Autos. Mann, muss da was los sein, wenn Saison ist.
Wir packen sofort unsere Fahrräder und fahren vom Womoparkplatz zum Klosterberg, das sind mindestens drei Kilometer und mit den Fahrrädern nur erlaubt in den Monaten Oktober bis März. Sonst nur zu Fuss oder mit den gratis Shuttlebussen. Auch jetzt fahren mindestens alle 10 Minuten solche Busse von den Parkplätzen, obwohl wir fast die einzigen Leute sind.
Wir machen danach einen Erkundungsgang durch die leeren Gassen der Klosterstadt um danach noch ein paar Fotos im Dunkel vom Berg zu schiessen.
Als Eisklötze zurück im Womo suche ich Hinweisschilder, ob man nun hier auf dem Parkplatz P 8 für Womos übernachten darf oder nicht. Ich finde nur den Hinweis, dass 24 Stunden 17.20 € pro Wohnmobil kosten, sogar eine Grauwasserentsorgungsstelle finde ich. Kein Hinweis, dass Übernachten im Womo verboten sein soll. Also entscheiden wir, hier zu bleiben und harren der Dinge aus, die da kommen werden.
Morgen besichtigen wir dann den Berg bei Sonnenlicht und ich werde mich noch erkundigen, wie das mit dem Übernachten jetzt genau ist.
Grauwasserentsorgung. Mit dem Rad darf von Anfangs April bis Ende September tagsüber (ab 17 Uhr erlaubt) nicht zum Klosterberg gefahren werden, nur Shuttlebus oder zu Fuss, ca. 3 km
Koordinaten: 48.60881,-1.505065Der Klosterberg fasziniert uns auf der gesamten Linie
Der Sonnenaufgang mit der Blutroten Sonne zwischen den Dunstschwaden ist hier in der Bretagne im Januar erst gegen 8:45 Uhr, also perfekt in unserem Gusto. Morgens keine Eile, ganz gemächlich den Tag beginnen.
Wir schnappen unsere Räder gegen elf Uhr und fahren die exakt 3.25km vom Parkplatz P8 für Wohnmobile über die Brücke zum Eingang des Klosterberges. Die Sonne scheint und es ist bitter kalt. Hätten wir doch den gratis Bus nehmen sollen? Nix da, wir sind hart im Nehmen. Vor der Brücke parkieren wir aber die Räder und marschieren noch etwas in das Watt heraus, schliesslich ist Ebbe und wir sehen momentan nicht mehr viel Wasser um uns und den Berg herum. Es gibt ein paar tolle Fotos und dann geht’s zurück zu unseren Rädern und zum Klosterberg.
Wir spazieren wieder durch die leeren Gassen Richtung Kloster hinauf, bezahlen für zwei Personen 20€ Eintritt und sind erstaunt, wie gross und lange der Rundgang Innen ist. Es kommen Kapellen, Hallen, die Kathedrale, Aussenbereiche und auch das Personenhamsterrad, um den altertümlichen Lastenaufzug vom Meer unten bis zum Kloster zu betreiben. Es ist alles sehr eindrücklich, auch fotografieren darf man in den Innenräumen. Wir geniessen den Rundgang, machen viele Fotos und sind einfach nur dankbar, dass es so wenige Touristen hat. Im Sommer stehen sie da dichtgedrängt und wir haben ganze Banketträume ganz alleine für uns. Einfach nur herrlich!
Nach dem Rundgang geniessen wir wieder die Sonne und essen im Städtchen noch eine Crêpe. Jetzt mit so wenigen Touristen haben nicht alle Restaurants offen, aber viel Platz hat man doch nicht, alles sehr eng gestuhlt. Wie muss das im Sommer ein Gewusel sein!
Um 15 Uhr sind wir wieder auf dem Parkplatz und entschliessen uns, vom Parkplatz wegzufahren und zum zwei Kilometer entfernten Stellplatz zu dislozieren. Wir werden heute da übernachten, einfach, dass wir ihn auch getestet haben und ich die Seite von Mont Saint-Michel bei den 100 schönsten Orten für Wohnmobile aktualisieren und mit eigenen Erfahrungen ergänzen kann.
Für Womobesatzungen mit Hund ist es hier nicht ganz einfach. In den Shuttlebussen sind Hunde nicht erlaubt, aber Fahrräder auch nicht, oder erst ab 17 Uhr, ausser im Winter. Und der Weg vom Parkplatz bis zum Felsen und zurück sind insgesamt 6,5km, also etwa 75 Minuten Fussmarsch und dann hat man die Runde auf dem Berg noch nicht gezählt…
Der Parkplatz kann nur für 24 oder 48 Stunden bezahlt werden, übernachten darf man im Fahrzeug und als Entsorgung hat es eine Grauwasserrinne, aber weder Toilettenentsorgung, noch Frischwasser noch Strom gibt es.
Auf dem Stelllatz 2km weiter Richtung Beavoir gibt es für 12 € alle Annehmlichkeiten und alles ist sehr grosszügig und via Kreditkarte geregelt, WiFi und Strom, inbegriffen. Sehr zu empfehlen.
Wir reisen weiter Richtung Westen der Küste entlang und erleben die erwartete Enttäuschung
Cap Fréhel
Gegen elf Uhr verlassen wir frisch Ver- und Entsorgt die Gegend von Mont Saint-Michel und fahren Richtung Saint Malo. Es soll eine ganz fantastische Altstadt geben und es ist die Ortschaft, wo der Gezeitenunterschied in Europa am grössten ist. Leider soll es nicht ganz einfach sein, um mit dem Wohnmobil ein Parkplatz zu finden.
40 Minuten nach Abfahrt sind wir schon in Saint Malo, es regnet leicht und die Parkplatzsituation ist genauso, wie erwartet. Wo wir mit dem Wohnmobil Platz hätten, prangt eine grosse Womo-Parkverbotstafel, in der Nähe der Altstadt prangt ein generelles Womo-Verbotsschild und an einem Quaiparkplatz ist der Hinweis, dass Wohnmobile von 9 – 19 Uhr nicht parkieren dürfen. Alles etwas ernüchternd, aber auf diese Situation waren wir ja vorbereitet, die Hoffnung stirbt eben doch zuletzt. Etwas konsterniert kommen wir zur Einsicht, dass die Einwohner hier keine Womos mögen, nicht mal im Winter, wo es keine anderen Touristen hat. Na dann, fahren wir weiter und Strafen die Stadt, indem wir keinen Euro ausgeben. Ist auch die einzige Möglichkeit, die uns bleibt, aber wahrscheinlich werden sie uns auch nicht vermissen. Irgend einen Grund wird es ja wohl geben, dass Womos nirgends parkieren dürfen und einfach in einem Industriequartier unser Womo abstellen mögen wir nicht, ebenso wenig wie im Regen die 5km mit dem Rad von einem markierten Stellplatz bis zur Altstadt zu fahren. Wenn wir zu Hause sind, werde ich dem Tourismusbüro ein nettes Mail schreiben und fragen, warum das so ist, wie jedes Mal, wenn ich etwas für Womofahrer verändern möchte…
Wir geben unser neues Ziel ins Navi ein: Cap Fréhel, knapp 30 km weiter. Ausserhalb Saint Malo geht es über das älteste Gezeitenkraftwerk der Welt immer den Nebenstrassen Richtung Cap weiter. Bei einer kleinen Abzweigung, wo uns das Navi durchlotsen will, hat es eine grosse blaue Verkehrstafel, mit dem Hinweis auf Französisch, dass die Durchfahrt für Wohnmobile zu eng ist. Wie gut, dass ich Französisch verstehen kann und so fahren wir geradeaus, kaum 100m weiter hat unser Navi die neue Route schon berechnet, die Fahrzeit dauert hier eine Minute länger.
Ohne Probleme kommen wir am Cap Fréhel an, wo es auch einen schönen Womoparkplatz gibt. Man fühlt sich so einfach Willkommen. Ausser dem Leuchtturm, einer Möwe und dem Meer sind wir ganz alleine hier. Wir entschliessen uns hier zu übernachten, obwohl es erst 13 Uhr ist.
Die Erkundungstour fällt relativ kurz aus, der kalte Wind treibt uns zurück ins Womo. Ich ziehe mich wärmer an, mache meine Fotoausrüstung bereit und ziehe nochmals los. Anita geniesst die Ruhe und Wärme im Womo, gönnt sich einen Kaffee und beginnt mit der Modularbeit für ihre Weiterbildung.
Die Küste ist sehr eindrücklich, die Landschaft wild und rau, wie man sich die Bretagne im Winter eben vorstellt. Weit und breit keine anderen Menschen. Ich mache ein paar Fotos, geniesse den Ausblick und träume von einem genialen Foto des Leuchtturms in der Abenddämmerung und dem eingeschalteten Leuchtfeuer, der zerklüfteten Küste und dem welligen Meer! Könnte aber knifflig werden, die Belichtung ist da nicht ganz einfach und ich weiss nicht mal, ob das Leuchtfeuer überhaupt in Betrieb ist. Normalerweise darf man den Leuchtturm für 2€ besteigen, aber heute ist er geschlossen. Wird sich ja auch nicht lohnen, während dem ganzen Nachmittag verirren sich ausser uns ganze zwei Autos mit vier Personen hierhin…
Nachtrag 19:30 Uhr: es dauerte fast 51 Jahre, bis ich als Alpenländler einen Leuchtturm mit Leuchtfeuer aus der Nähe betrachten konnte. Ich bin echt beeindruckt, es sieht gigantisch aus! Ein Schauspiel, dass man irgendwann mal gesehen haben muss. Etwas, das in Natura Klassen besser aussieht, wie auf den Fotos (oder ich bin einfach kein guter Fotograf?).
Überall sind wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, sogar die eingeschnappte Pariser Dame treffen wir an
Das Haus zwischen den Felsen (Autos wegretuschiert)
Bei blauem Himmel erwachen wir bei unserem Leuchtturm, so dass wir uns einfach nicht losreissen können und nochmals einen Fotorundgang machen müssen. Schweren Herzens verlassen wir dann gegen Mittag unseren Übernachtungsplatz und setzten unsere Reise Richtung Westen fort. Weit kommen wir allerdings nicht, auf den ersten fünf Kilometern müssen wir dreimal einen Stopp einlegen, aussteigen und die Gegend bewundern! Es ist einfach herrlich!
Langsam kommen wir vorwärts, auf kleinen Küstensträsschen Richtung Côte de Granit Rose, die Küste mit dem rosa Granit. Nach 90 Minuten machen wir aber noch einen Abstecher nach Plougrescant, wo das Sinnbild der Bretagne steht, das Haus zwischen den Felsen.
Das Haus hat eine wohlhabende Dame in Paris als Feriendomizil gekauft und die will nicht, dass Touristen um das Haus schleichen und Fotos machen. Wenn man sich an die Privatschilder hält, kommt man bis ca. 100m an das Haus heran. Zur Abschreckung der Fotografen ist auch immer ein Auto vor dem Haus parkiert, damit es nicht allzu schön aussieht. Heute sind es zur Feier des Tages sogar zwei davon, die Dame ist also zu Hause. Da die Sonne grad so schönt scheint, machen wir schnell ein paar Fotos, bevor sie hinter den Wolken wieder weg ist. Danach klappen wir in Ruhe unser Stativ auf, montieren den Fotoapparat. Das muss die Parisierin gesehen haben, tritt aus dem Haus, macht bei beiden Autos jeweils alle vier Türen auf, den Kofferraum und auch die Motorhaube! Nur, um uns die Fotos zu vermiesen.
Wir schauen dem aus 100m Entfernung belustigt zu, haben wir doch unsere Fotos schon ohne Stativ gemacht, die Sonne ist jetzt sowieso weg und es würde nicht mehr so gut aussehen. Wir spazieren weiter, machen Fotos von der Küste und immer ein Auge mit Blick auf das Haus. Auch bei ein paar Regentropfen bleiben alle Türen der Autos offen, um auch andere Fotografen abzuschrecken. Soll ich jetzt meine Drohne auspacken und ihr um die Hütte fliegen lassen und Nahaufnahmen des Hauses machen? Und ein Foto ins Schlafzimmer hinein? Da dies ganz bestimmt ärger geben würde, lasse ich es bleiben und nach einem schönen Aufenthalt beschliessen wir, 30km weiter nach Trégastel zu fahren.
Wir landen dort auf dem Stellplatz bei den Tennisplätzen und machen noch kurz einen Erkundungsspaziergang. Und wieder haben wir riesen Glück! Die rosa Granitfelsen leuchten in der Sonne um die Wetter und als Krönung zeigt sich noch ein riesiger Regenbogen. Wir können uns fast nicht sattsehen, kehren danach aber dann trotzdem irgendwann zum Womo zurück. Kaum sind wir drin und schauen uns die Fotos an, kommt ein so richtiger heftiger Platzregen mit Hagel. Schon wieder haben wir Glück!
Noch ein paar Infos: Beim Parkplatz beim „Felsenhaus“ kann man sehr gut mit dem Womo parkieren, wunderschöne Spaziergänge machen, aber man darf nicht übernachten. Es gibt aber an der ganzen Küste viele Camping- und auch Stellplätze. Auch Freistehplätze sichten wir einige. Also ein absolutes Womoparadies. Es ist auch ideal für mitfahrende Hunde, sie dürfen da überall auch hin und die Spaziergänge in den Weiten der Küste darf er sich überall austoben…
Ein graunebliger Regentag an der Küste
unser gegenwärtige Platz
Um acht Uhr kann ich nicht mehr ruhig liegen, ziehe mich an, schnappe den Fotoapparat und mache mit dem Rad im Nieselregen eine kleine Runde. Anita schläft noch und da Sonntag ist, darf sie auch ausschlafen.
Die Fotos an der Küste befriedigen mich nicht wirklich, die Farben sind grau in grau und auch Langzeitbelichtungen sind nicht möglich, da sich die Regentropfen an der Linse ablagern. Nach kurzer Zeit entscheide ich mich, wieder zum Womo zurück zu radeln. Auf haleben Weg sehe ich einen typischen Bretone mit einer Baguette. Er kaut genüsslich an seinem Brot, wo er ca. einen Viertel schon verspeist hat. An dem Anteil des gegessenen Brotes und seiner Spaziergeschwindigkeit errechne ich, dass diese Bäckerei höchsten 200m entfernt sein kann. Also ein kurzer Abschwenker und ich fahre in Richtung, wo der Bretone herkam. Die Berechnung war richtig und schon erstehe ich in der Boulangerie vier Petit Pains au Chocolat und ein Baguette. Anita wird sich freuen, wenn ich mit dem Frühstück zurückkomme.
Währendem wir das frische Brot lecker verzehren, beginnt es immer stärker zu regnen. Kein perfektes Urlaubswetter. So beschliessen wir, so lange es geht, gegen Westen zu fahren. Es schifft immer mehr, Wind kommt auch noch dazu, so richtig ein ungemütlicher Januar-Tag an der Bretagne.
Gegen halb eins kommen wir in Lampual-Plouarzel am Stellplatz an. Wir sind mutterseelen alleine und haben noch nicht den perfekten Meerblick. Das geht noch besser! Und so fahren wir das kleine Strässchen noch 500m weiter bis zu dessen Ende, wo wir wirklich knapp vor dem Meer an einem kleinen Parkplatz anhalten. So ist es perfekt!
Von hier aus wären es nur etwa drei Kilometer bis zum westlichsten Punkt Frankreichs, aber bei diesem Wetter??
Kaum haben wir unser Knutschi geparkt, hört der Regen auf. Also nehme ich sofort meine Drohne hervor, um ein paar Umgebungsfotos zu machen. Allerdings windet es so stark, dass ich nach 5 Minuten meinen Flug abbreche, nicht dass ich mein Flugding nicht mehr zurückholen kann.
Die Regenlücke nutze ich dann aus, um an meinem Fotoapparat den Grauverlaufsfilter zu montieren und noch ein paar Fotos schiessen. Dieser Filter ist wirklich Gold wert, wenn es einen so graumilchigen Himmel ohne Kontrast gibt.
Jetzt sitzen wir seit zwei Stunden im Womo, schauen auf das Meer hinaus und geniessen die Flut, die die Hafenbucht immer mehr füllt. Wie hoch ist das Wasser wohl am Schluss? Auch die SAT-Schüssel können wir bei diesem Wind nicht hochfahren und demzufolge haben wir auch kein Internet…
Wir kommen am westlichsten Punkt Frankreichs an, ab jetzt geht es wieder Richtung Osten
westlicher gehts nimmer
Wir werden wieder mit leichten Nieselregen geweckt. Aber es ist immerhin schon 12 Grad warm, für Januar eigentlich ganz ok. Es nützt nichts, wenn wir noch hier bleiben, also fahren wir die fünf Kilometer bis zum westlichsten Punkt Frankreich und machen schon den ersten Stopp. Es sieht wiedermal fantastisch aus, aber daran haben wir uns in der Bretagne schon gewöhnt.
Auf schmalen Küstensträsschen geht es weiter Richtung Saint Mathieu, zum Leuchturm, der praktisch in einem Kloster gebaut wurde. Es schüttet zwischendurch immer wieder vom Himmel, aber zwischendurch auch immer wieder mal etwas trockener. Der Leuchtturm kann im Winter nicht besichtigt werden, einmal mehr, aber viel mehr von oben sehen würden wir ja trotzdem nicht. Noch immer ist es grau in grau, es wird auch den ganzen Tag nichts mehr daran ändern. Also fahren wir weiter…
Unser Ziel sind die Steinfelder von Carnac. Dort stehen seit 6000 Jahren über 2800 Steine in Reihen, die von der damaligen Bevölkerung aufgestellt worden sind. Und da dies einer der 100 Orte ist, die man als Womofahrer besucht haben muss, wollen wir diese inspizieren. Oder wenigstens kontrollieren, ob die Infos, die ich dazu erhalten habe, noch stimmen.
Zwischendurch gehen wir noch einkaufen, Diesel tanken und unser Knutschi abspritzen. Allerdings nützt das letztere nicht allzu viel, es steht weiterhin vor Dreck.
Unser Navi, oder besser gesagt wir, fahren ziemlich Kreuz und quer, verpassen da eine Abzweigung, fahren dort zur falschen Kreiselausfahrt raus, immer bemerken wir das erst zehn Kilometer später. Wir sind eben in Gespräche vertieft und haben es auch nicht eilig.
Gegen vier kommen wir bei diesen Steinfeldern an, im Winter ist der Besuch kostenlos und wir dürfen alles betreten und in die Felder hinein. Allerdings immer noch leichter Regen, dazu kommt jetzt auch noch Nebel. Wir versuchen das Beste daraus zu machen und schiessen dennoch ein paar gelungene Fotos. So weit wie das Auge reicht, sind Steine aufgestellt. Eindrücklich, wenn man bedenkt, wie das diese Menschen vor über 6000 Jahren wohl gemacht haben. Und wofür? Damit wir uns im Jahre 2017 noch an sie erinnern?
Auf dem Parkplatz sind wir ganz alleine und überlegen uns, ob wir hier übernachten sollen. Ab 17 Uhr ist das Besucherzentrum geschlossen, das Museum sind sie momentan sowieso grad am Renovieren. Plötzlich um 17 Uhr hört der Regen auf, das ist die Gelegenheit. Ich packe meine Drohne und marschiere wieder zu den Steinfeldern. Schliesslich habe ich meine Drohne extra nur wegen diesen Steinreihen mitgenommen, denn die Fotos hier sehen aus der Luft sicher wesentlich besser aus, wie von Stand.
Und da nun sowieso niemand mehr hier ist, stört die Drohne sicher auch niemanden. Allerdings habe ich nur gerade eine viertel Stunde Zeit, danach beginnt es nämlich wieder zu regnen. Also muss ich schnellsten landen und mein Fluggefährt wieder in seinen Rucksack verpacken.
Wir entschliessen uns, doch noch 10km ans Meer zu fahren und dort irgendwo einen Platz zum Übernachten zu suchen. Am Strand versperrt uns wie erwartet meistens eine Höhenbegrenzung von 2.10 m den Weg, plötzlich sehen wir aber eine Womotafel, dass uns zum geschlossenen Gemeindecampingplatz führt. Der Campingplatz ist um diese Jahreszeit natürlich geschlossen, aber es gibt dort einen extra Parkplatz am Sandstrand (!) den man benützen darf. Wir stehen nun schon wieder nur gerade 40m vom Meer entfernt und haben eben wieder unwahrscheinliches Anfängerbretagneglück. Allerdings nützt es uns momentan nicht allzuviel, denn 10 Minuten später ist es dunkel und wir hören nur noch das Rauschen. Aber ich freue mich jetzt schon auf das Erwachen morgen früh…
Wir fahren Richtung Osten und Heimat und haben plötzlich neue Ziele vor Augen
während dem Spaziergang
Die ganze Nacht prasselt der Regen auf unser Womodach, so dass wir genau wissen, wir müssen uns nicht beeilen mit aufstehen. Also schlafen wir lange aus. Irgendwann geht es dann einfach nicht mehr, unsere Rücken tun weh vom Liegen und wir stehen dann doch auf. Anita verwöhnt mich mit einem grossartigen Frühstück, von bretonischer Salzbutter, über bretonische Eier, bretonischen Roh- und Kochschinken, bretonischen Brot und Schottischem Honig (Restposten von unserer letzten Reise) gibt es alles, was das Herz begehrt.
Aber auch nach dem Frühstück schifft‘s noch immer. Wir ziehen unsere Socken aus, krempeln die Hosen hoch, ziehen die Pelerine an und machen so einen Strandspaziergang mit unseren Crocks. Wo ist das Meer plötzlich hin? Gestern schlugen die Wellen bis an die Mauer des Campingplatzes, heute können wir von Glück sagen, sehen wir es überhaupt irgendwo! Wir laufen fast einen Kilometer über den nun ganz breiten Sandstrand, Anita sammelt Muscheln für das Aquarium zu Hause, ich mache ein paar Fotos.
Wieder zurück am Womo, entschliessen wir uns, Richtung Heimat aufzubrechen. Es bringt nichts, hier im Regen zu warten, da das Wetter auch morgen nicht besser sein soll. Ich ziehe mit dem Lineal einen geraden Strich von unserem Aufenthaltsort direkt nach Hause. Wir haben nun drei Tage Zeit bis Donnerstag Abend, wo wir zu Hause ankommen müssen, also kein Stress. Unser Navi will partout über Paris fahren, das will ich aber nicht, also wähle ich Strassen ohne Maut und Autobahnen verbieten, und dann endlich, zeigt auch das Navi ungefähr dem Strich entlang.
In der Gegend von Saumur finde ich einen Stellplatz und trage den als Zielpunkt ein. Die Fahrt geht über die guten französischen Autostrassen schnell voran, nach Nantes klart sogar der Himmel auf. Ich lese die Schilder am Strassenrand, Val de Loire, Vin de Loire, Weiss der Kuckuck was de Loire. Da dämmert mir es irgendwann, gibt es nicht so schöne Schlösser an der Loire? Ist das hier in der Gegend? Krass, ich habe keine Ahnung, wo diese Schlösser sein sollen. Also an der nächsten Gelegenheit in einen Parkplatz, Satellitenschüssel ausfahren, Internet einschalten und die Website mit den 100 schönsten Orten mit dem Womo aufrufen, denn dort sind die Schlösser der Loire auch drin.
Tatsächlich! Diese Schlösser sind ganz in der Nähe unseres Tageszieles. Wow, da wird sofort umgeplant. Wir haben ja jetzt Zeit, also heute wie geplant weiterfahren, und morgen dann zwei, drei dieser famosen Schlösser besichtigen. Das ist ja sowas von genial! Wenn wir das so geplant hätten, wäre sicher was dazwischen gekommen.
Als wir wenig später durch Saumur fahren, sehen wir hier schon ein Schloss über der Stadt. Mitten im Feierabendverkehr schnell in eine Parklücke und mit Fotoapparat einen kurzen Spaziergang durch die Stadt. Mir ist dann aber nicht so wohl, unser Womo so ganz alleine in dieser Stadt zu parkieren, und so kehren wir ziemlich schnell wieder zurück.
Die letzten 10 km zum Stellplatz sind dann auch kein Problem mehr. Das grössere Problem ist dann, dass es weit und breit kein einziges offenes Restaurant hat, wo wir essen gehen könnten. Mischt, nun muss Anita schon wieder kochen und ich koche kurze Zeit später über meine Dummheit. Ein Manipulationsfehler an meinem Tracker hat den ganzen Tag die Strecke nicht aufgezeichnet, wie kann ich nur so dumm sein. Hätte ich doch besser gar nichts gemacht heute morgen, dann würde er immer noch laufen. Selber Schuld…
Wir fahren der Loire entlang und geniessen den Tag
Schoss Chenonceau
Morgens muss ich noch auf das Dach (zum Glück habe ich im Winter wegen Schnee auf dem Dach immer eine Leiter dabei), die Batterien des GPS-Trackers auswechseln und auf den Startknopf drücken. Da ich die Batterien mehr als ein Jahr nicht gewechselt habe, sind diese total leer und gestern habe ich den Tracker via Ladekabel kurz vom Strom getrennt, da hatte er sich natürlich nicht mehr selber eingeschaltet, darum wurden die Positionsdaten der Strecke nicht geliefert. Aber heute wird ja wieder alles funktionieren…
Kurz vor der Abfahrt beginnt es wieder leicht zu regnen. Irgendwie hat das Wetter etwas gegen uns, aber da wir heute vor allem Fahren, ist das nicht tragisch. Wobei, schon 40km nach dem Start stehen wir bei unserem ersten Schloss, Azay le Rideau. Allerdings ist mir bewusst, dass dieses bis Mitte 2017 wegen Renovation eingerüstet sein könnte. So ist es denn auch, von aussen sieht man mal gar nichts. Aber ich inspiziere den Stellplatz, der ganz praktisch neben diesem herrlichen Gebäude angelegt ist. Wirklich schön und ideal, gut zu wissen.
Wir fahren aber weiter ohne das Schloss zu besichtigen, denn wenn ich von aussen keine Fotos machen kann wird es für mich uninteressant. Also 45 Minuten weiter Chenonceau zum Schoss, das direkt über den Fluss gebaut wurde. Auch hier herrliche Parkmöglichkeiten für Womofahrer. Schnell haben wir den Eintritt bezahlt und schreiten durch die alte, königliche Allee Richtung Schloss. Es sieht genau so aus, wie ich es mir anhand von Fotos so vorstelle. Sehr eindrücklich, nur der angelegte Garten ist noch schöner, obwohl es Winter ist. Auch innen ist es sehr, sehr eindrücklich. Die Küche ist riesengross und noch fast vollständig eingerichtet, man kann es fast riechen, wie sie hier die herrlichen Menus für die Bankette hergerichtet haben!
Schweren Herzen verlassen wir danach den Ort und fahren immer der Loire entlang Richtung Osten. Wir fahren keine Autobahnen, die Gegend ist herrlich, der Verkehr läuft zügig. Zwischendurch Toilette entsorgen (nur den Inhalt), Einkaufen, weiter fahren.
Als es leicht ein dunkelt, halten wir Ausschau nach einem Stellplatz. An der Autostrasse hat es hin und wieder die blauen Wohnmobil-Entsorgungs-Schilder. Das sind meistens die Gemeindeeigenen Entsorgungsstationen und dort darf man immer auch übernachten. Ist in Frankreich sehr gut gelöst, finde ich. Beim zweiten Stellplatz sind wir zufrieden und beschliessen, hier zu übernachten. Der Platz ist wieder gratis und auch sehr schön gelegen. Nur weiss ich momentan nicht, in welchem Ort wir sind. Das werde ich aber zu Hause dann alles noch nachtragen, auch die Koordinaten und die Fotos der Plätze.
Kurz nach Ankunft machen wir auch heute einen Rundgang durch das Dorf und suchen ein Restaurant für unser Abendessen. Und alles genau gleich wie gestern: der Ort ist ausgestorben, kein Restaurant weit und breit, nur einses, das zum Verkauf ausgeschrieben ist. Ausser einer wie immer grossen Kirche hat es nur leere und verlassene Häuser. Im Winter scheint ausser in den Städten einfach nichts los zu sein.
Wir bringen also auch hier unser Geld nicht los und ich glaube, das werden die günstigsten Womoferien, die wir je hatten! Wobei, heute hat es mal in einer 70er Zone geblitzt, es lief so gut und ich dachte, es gilt noch die 90er-Tafel. Das könnte teuer werden (vielleicht hat es ja auch den entgegenkommenden erwischt?!).
Nachtrag: noch schlimmer, es war nur eine 50 Zone, wo es geblictzt hat und es war nicht das entgegenkommende Fahrzeug. 90€ sind weg. Aber die Franzosen haben ein cleveres System, um Bussen einzutreiben.
Wir geniessen auch die letzten Kilometer
gut zu Hause angekommen
Wir werden durch einen blutroten Sonnenaufgang geweckt. Ich glaube, das ist das erste Mal auf dieser Reise, oder? Gemächlich packen wir zusammen und starten dann endlich gegen neun Uhr für die restlichen 560 Kilometer, für unser Knutschi ein Klacks!
Wir durchqueren auf einer Hauptstrasse ein Gebirgszug, der wirklich schön ist und ich noch nie von ihm gehört habe: das Granitmassiv Morvan. Wald an Wald, Strasse hoch und wieder runter, bis die Region dann ins Weingebiet Dole übergeht. Rebberge soweit das Auge reicht und in JEDER(!) Parzelle ein weisser Kastenwagen, mit einem Rebbauer, der einen schwarzen, rauchenden Rollofen hinter sich herschiebt und die abgeschnittenen Triebe verbrennt. Ich habe keine Ahnung von Weinanbau, aber anscheinend ist jetzt Saison, um die Reben zu schneiden, wenigstens für den Dole!
Noch das letzte Mal in einer Boulangerie unsere täglichen „Petit Pains au Chocolats“ kaufen bevor wir auf dem Rückweg das erste Mal auf die Autobahn kommen, an einer Raststätte unser LPG-Gas auffüllen (27 Liter für die gesamten 10 Tage) und über Besaçon und Müllhausen wieder in die Schweiz einfahren. Die Autobahngebühren in Frankreich sind recht happig, ca. 10€ pro 100km, da hatten wir auf dem Rückweg nicht nur weniger Kilometer und eine schöner Gegend, sondern auch noch sehr viel Autobahngebühren gespart.
In der Schweiz ist der Verkehr wieder hektischer und auch zähfliessender, aber wir sind dennoch schon um 16 Uhr wieder zu Hause. 10km bevor wir ankommen, sind wir mit unserer Wohngegend auch sehr zufrieden, wir sehen von der gesamten Reise die höchsten Berge, haben mit 16 Grad am wärmsten und auf der Wiese liegt auch noch am meisten Schnee (ca. 3cm). Aber ganz zu Hause ist dann der Schnee weg und der Föhn bläst uns warm um die Ohren.
Der perfekte Zeitpunkt, noch unser Knutschi zu waschen. Vorher ging es ja wegen der eisigen Kälte nie, in Frankreich hatte ich die Bürste nicht dabei und jetzt im Föhn geht das ideal. Das Waschen nach der Heimkehr hat ja nichts mit Stolz und Ehrgeiz zu tun sondern man pflegt sein Womo und sieht grad auch, ob es noch irgendwelche Beschädigungen hat, die man bis zum Start der nächsten Reise noch flicken sollte. Und ganz ehrlich, ein sauberes Womo vor dem Haus macht schon ein anderer Eindruck, wie so eine Dreckskarre…
unseres Reisestrecke