Headbild
Andenes Norwegen 2014
Sie befinden sich: Blog \ Reisebericht

Überlegener Elch

Vandalismus, was ist das?

Wir verabschieden uns von der kleinen Schweizer Kolonie in Schwedisch Lappland und fahren zuerst 30km Richtung Süden. In Storuman biegen wir rechts auf die E12 ab, wo wir nun auf den Blå vägen sind, eine 1.800 km lange Touristenstrasse, die in west-östlicher Richtung von Norwegen über Schweden und Finnland nach Russland führt. Wir verpassen im Örtchen einzukaufen und nehmen uns vor, einfach im nächsten Geschäft einzukaufen. Dass der nächste Lebensmittelladen allerdings erst 127km später in Tärneby auftaucht, war uns da nicht bewusst. Tärneby ist übrigens in Schwedens einer der grössten Wintersportorte (knapp 500 Einwohner, 1 Sessellift, 4 Schlepplifte, 20 Pistenkilometer) , wo z.B. Ingemar Stenmark und Anja Pärson herkommen. Bis wir dort aber endlich mit knurrenden Mägen ankommen, geht es entlang an zugeschneiten Seen und endlosen Wäldern verkehrsarm dahin. Das Wetter ist leicht regnerisch, die Temperatur 2 Grad und wir cruisen einsam und still dahin.

Dann, urplötzlich, sehen wir ein riesiger Elche ganz alleine am Ufer eines zugeschneiten Sees stehen. Natürlich haben wir keinen Fotoapparat bereit und bis ich auf die Bremse trete, sind wir schon lange daran vorbei. Zum Glück kommt keine 200m später ein kleiner Parkplatz, also sofort drehen und langsam zurückfahren. Aber der Elch ist einfach nicht mehr da! Wo kann der so schnell verschwunden sein? Das ist doch nicht möglich! Also drehen wir nochmals und fahren im Schritttempo die Strecke nochmals ab. Kein Elch mehr da. Das ist doch einfach nicht möglich. Beim kleinen Parkplatz stoppe ich nochmals und wir steigen aus, und wollen uns auf die Suche machen. Und dann wie aus dem nichts, trottet der Elch keine 15m hinter unserem Knutschi seelenruhig über die Strasse. Es ist schon unglaublich, wie sich solche Tiere in den Bäumen verstecken können, ohne dass wir sie sehen.

Bis ich dann den Fotoapparat bereit habe, ist er schon über die Strasse im Schnee und trottet die Böschung hinauf in den Wald. Wir schauen ihm zu, wie er majestätisch ruhig im Wald verschwindet. Dann geht es schnell, wir nehmen sofort die Verfolgung auf, kämpfen uns auf den Spuren des Elchs hinterher. Allerdings kommen wir uns nach 30m schon ziemlich doof vor. Wir sehen, wie der Elch im Wald durch den tiefen Schnee trottet, schön gemütlich und doch viermal schneller wie wir. Wir versinken bis zu den Hüften im Schnee, kämpfen uns Meter für Meter vorwärts und haben nicht die geringste Chance, ihm auch nur annähernd zu folgen. So geben wir die Verfolgung sehr schnell auf und schauen ihm so lange hinterher, bis wir ihn nicht mehr sehen. Es scheint so, dass der Elch uns seine Überlegenheit demonstrieren wollte, wenn er nicht will, dass wir ihn sehen, sehen wir ihn nicht und gleichzeitig zeigt er uns, wie ruhig er sich fortbewegen kann und wir keine Chance gegen ihn haben. Allerdings, wer hatte gestern ein Elch auf dem Teller? Eben!

Bei der Weiterfahrt ist unsere Aufmerksamkeit dann wieder hellwach und wir spähen nach Elchen ausschau. Wahrscheinlich hatte es hunderte in den Wäldern, nur sehen tun wir keinen einzigen!

Die Fahrt ist aber trotzdem wunderschön und wir studiren rum, wo denn all diese Einwohner in den Mikroortschaften einkaufen gehen. Die müssen doch tatsächlich über 60km fahren, bis sie an einem Lebensmittelladen sind.

Wir gehen dann in den Coop beim Heimatort von Ingemar Stenmark einkaufen. Ich glaube, in diesem Ort kann man nur Kassierer im Coop, Skiliftbügelhalter oder Weltcupfahrer werden.

Und weil da aber nicht allzuviel los ist, fahren wir weiter Richtung Norwegen. Das Wetter wird immer etwas besser, die Berge strahlen weiss in der Sonne und das Schmelzwasser läuft die Strassen entlang.

Wir überqueren die unbesetzte Grenze nach Norwegen und beschliessen, auf dem nächsten schönen Platz zu übernachten. Es fällt uns auf, dass wir in Schweden etwas mehr Mühe haben, Übernachtungsplätze im Winter zu finden und sobald wir die Grenze zu Norwegen überschritten haben, sehen wir schon den ersten schönen Platz mit Aussicht. Allerdings liegt dieser am Schatten und es gibt kein Handyempfang, also fahren wir weiter und nur wenige Kilometer später sind wir am tollen Rastplatz Røssvasshuset. Und dieser haut uns aus den Socken: wir haben eine Aussicht auf den zugefrorenen See und die Berge, dabei scheinen noch die letzten Sonnenstrahlen und sogar ein kleines Häuschen gibt es dort. Darin nicht nur ein schön grosszügiges WC, nein sondern sogar ein geheizter Aufenthaltsraum mit toller Aussicht und eine kleine lokale Mineralienaustellung! Was ist denn das für ein toller Ort? Irgendwo in den Bergen ein geheizter Aufenthaltsraum, sehr schön gemacht, mit Tisch und Bänken drin und sogar ein installierter TV. Und alles ist aufgeräumt, ein Hinweis, dass man die Holzwände nicht verkritzeln soll, dafür ist das Hüttenbuch da. Und sie da, keine einzige Kritzelei, alles tipptopp zwäg, nicht der kleinste Vandalismus! Wie einfach wäre das Leben, wenn sich alle an die einfachsten Regeln halten würden!

Es ist so wie mit den Einkaufswägeli in Norwegen: im Norden gibt es nirgends Wägeli mit Pfand, und dennoch sind immer alle schön versorgt, ohne dass extra eine Angestellte immer die Wägeli einsammeln muss. Das Leben ist so einfach, wenn man sich an die einfachsten Regeln hält. Wir lieben die Nordländer!

Warum klappt so etwas bei uns nicht?

 7:17 Uhr Sonnenaufgang
17:01 Uhr Sonnenunergang
9:44 Std. Tageslänge

229 km
3:28 Std.
65 km/h
9,0 Liter

Übernachtung

Hattfjelldal - Røssvasshuset****
frei

mit Aufenthaltsraum und WC auch im Winter

Koordinaten: 65.67670,14.170020
N 65° 40' 36.1"  E 14° 10' 12.1"
letzter Besuch: 2.2025

24.2.2025 - Je häufiger die Koordinaten des schönen Rastplatzes, den wir übrigens auch kennen, veröffentlicht werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass er nicht in dem gepflegten Zustand bleibt. Irgendwann wird ein Schild mit Übernachtungsverbot für Camper aufgestellt, wie bereits auf vielen anderen schönen Plätzen auch, sehr schade ...

- Bianka

24.2.2025 - Das ist jetzt halt eine Frage der Philosophie. Die Wohnmobile müssen irgendwo übernachten, wenn Plätze bekannt sind, gibt es viel weniger «Suchverkehr» und das ist ja oft das Problem: dass Wohnmobile dort durchfahren, wo sie nichts zu suchen haben und die Anwohner dann genauso hässig werden. Es ist nicht das Problem des Bekanntheitsgrades, sondern des Verhalten der Menschen.
Rolf


24.2.2025 - Der Elch wollte euch nicht nur seine Überlegenheit im „Verschwinden“ zeigen, er wollte auch zeigen, wie schnell er vom nahen Wald überraschend auf der Strasse sein kann! Schön, seid ihr wieder gut zwäg für die Weiterreise. Ein Erholungstag bei Schweizern hat da wohl Gutes bewirkt. LG

Andreas&Pirkko


Diesen Artikel kommentieren oder Fragen dazu stellen