Aber wir sind wieder unterwegs
Es war nun nicht die Nacht mit dem besten Tiefschlaf. Unser Wohnmobil schwankte mehr wie ein Schiff auf der Hochsee und wenn wieder eine starke Böe darüber hinwegfegte, tönte es so, wie wenn der Splitt der nahen Strasse voll an das Womo gepeitscht wird. Gemäss Wetterapp knallten die Windböen bis zu 100km/h durch Hammerfest. Zwischendurch immer wieder einen Blick auf die Wetterprognosen: immer noch die Meldung, dass morgen Nachmittag der Wind etwas nachlässt, bevor er nachts dann wieder so richtig auffrischt. Wenn wir also am Nachmittag nicht bis Alta kommen, hängen wir bis Samstag hier fest. Auf dem App des Norwegischen Strassendienstes leuchten dazu immer mehr Strassen als gesperrt auf. Irgendwie schlafen wir dann doch noch ein paar Stunden.
Und beim Erwachen dann ein komische Stille! Nur hin und wieder eine Windböe, aber dazwischen einfach ruhig. Ein Tritt vor das Womo bestätigt es dann, fast windstill, hin und wieder eine Windböe, nichts Schlimmes. Also packen wir zusammen und nutzen die Gunst der Stunde. Warum warten, wenn der Wetterdienst erst ab 12 Uhr die Flaute angesagt hat?
Schon in Hammerfest merken wir aber, dass wir nachts wohl doch ziemlich geschützt standen, denn in der Stadt weht es schon wieder ziemlich kräftig. Aber kein Vergleich zu Gestern. So fahren wir vorsichtig aus Hammerfest raus, machen noch ein Foto beim Stadtausgang vom Eisbären, Hammerfest nennt sich nicht nur nördlichste Stadt der Welt, sondern auch Stadt der Eisbären.
Vor der Kvalsundbrua ist angegeben, dass der Seitenwind auf der Brücke mit 7m/s weht, also 25km/h, keine Gefahr für uns also. So fahren wir auf grundsätzlich geräumten Strassen Richtung Skaidi. Allerdings gibt es schon noch viele Schneeverwehungen und die Bodensicht ist ziemlich schlecht, aber das hat der Verkehrsdienst von Norwegen hier so gemeldet. Wir sind also vorbereitet und nicht überrascht.
In Skaidi ist die Abzweigung über das Sennalandet, eine raue, offene Fjelllandschaft in der Finnmark, wo die E6 direkt über diese Hochebene führt und ist besonders im Winter oft von starkem Wind, Schnee und schwierigen Strassenverhältnissen betroffen ist. Die Strasse ist aktuell noch geschlossen, um12 Uhr soll die Lage neu beurteilt werden. Also warten wir eine halbe Stunde im Knutschi, essen etwas und sind auf die neue Meldung gespannt. Kurz vor 12 Uhr dann: «Momentan bleibt die Strasse geschlossen, neue Lagebeurteilung um 14 Uhr». Das bedeutet nichts gutes, wenn sie bisher nicht geräumt werden konnte und der Wind wie vorhergesagt um 14 Uhr nachlässt, könnte es dann nochmals dauern. Und wenn diese Strasse gar nicht aufgeht, dann sind wir in der Gegend gefangen und kommen nicht mehr weg!
Wir beschliessen, weiter nach Olderfjord und danach nach Lakselv und Richtung Karasjok zu fahren, die einzige Alternative, denn so viele Strassen gibt es hier im hohen Norden nicht. Nach Lakslev sind es nur 85km und wenn wir dort durch sind, können wir ins Landesinnere fahren und dem Sturm ausweichen. Also haben wir noch 85km schwierige Strassenbedingungen mit Schneeverwehungen, keine Bodensicht und starkem Wind.
Die Fahrt geht aber besser wie erwartet, es kommen uns mehr Räumfahrzeuge wie andere Autos entgegen und auch die Schneeverwehungen sind dadurch nicht so gross wie erwartet. Die Geschwindigkeit ist nicht 80km/h wie man dürfte, aber mit 60km/h kommt man auch vorwärts.
So kommen wir gut in Lakslev an und gehen noch einkaufen. Es ist 14 Uhr und da sind wir gespannt auf den neuen Strassenbericht. Die E6 über das Sennalandet wird tatsächlich geöffnet, aber nur für Konvois und der erste Konvoi fährt um 15 Uhr los. Wir haben richtig entschieden, denn in diesem Konvoi beim Eindunklen, wo alle einheimischen Fahrzeuge Spikes drauf haben und die Lastwagen mit Volldampf hinter dem Räumfahrzeug her browsen, das brauchen wir mit normalen Winterpneus und unserem Knutschi nicht. Klar, es ist schon ein bisschen schade, dass wir das Sennalandet dieses Jahr nicht durchfahren, aber auf dieses Abenteuer können wir bei den jetzigen Voraussetzungen verzichten, Sicherheit geht vor.
So fahren wir bei Schneefall Richtung Karasjok, an irgend einem schönen Parkplatz stoppen wir und haben entschieden, hier zu übernachten.
Es war für uns ein guter Tag, wir sind erfolgreich aus dem Sturmtief heraus, hatten Winterlandschaften, wenig Verkehr, keine gefährlichen Manöver und eine gute Stimmung an Bord. Nur allzutolle Fotos haben wir heute nicht, denn es sah alles in ungefähr gleich weiss-grau aus.
Momentan ist es schon stockdunkel (16 Uhr) und auch wieder -10 Grad kalt, also alles im erträglichen Masse. Wir haben sogar einen neuen Tiefkühler, wo wir nun zwei eingefrorene Fertigpizzas lagern können. Der Tiefkühler ist unter den Zwischenbrettern der Garage, dort ist alles steinhart gefroren, von den Türschlössern bis zur Leiter und den Langlaufskis.
Wir hatten übrigens schon wieder Glück: das Nordkap ist aktuell geschlossen und alles was wir in der letzten Woche gefahren sind, wäre nun so nicht mehr möglich. Und so schnell werde die Strassen im kommenden Sturm wahrscheinlich nicht mehr geöffnet.
8:57 Uhr Sonnenaufgang
14:29 Uhr Sonnenuntergang
5:32 Std. Tageslänge
-7 bis -12 Grad, bewölkt, windig, Schneefall
196 km
3:48 Std.
51 km/h
10,3 Liter
5.2.2025 - Liebe Anita und Rolf, Eure Planänderung ist unter den gegebenen Umständen sehr gut, gratuliere!,,.In solchen Regionen ist es halt manchmal notwendig, sich der Natur unterzuordnen. Und das ist wichtig, will man eine so tolle Reise wie ihr macht, erfolgreich beenden. (Ich spreche da ein bisschen aus Erfahrung). Liebe Grüsse an euch zwei da oben von uns zwei da unten und gute Fahrt! Andreas&Pirkko
Andreas