Der erste Tag auf Island
Nebel umhüllt unser Schiff. Ich stehe allein auf Deck und starre Richtung Bug. Wann sehe ich das erste Mal Island? Wenn ich senkrecht in den Himmel schaue, sehe ich den blauen Himmel und die Sonne durchschimmern, aber beim Blick nach vorne nur eine weisse Wand aus Nebel. Auf dem Handy habe ich schon das Telefonnetz von der Insel, eigentlich müssten wir schon bald in den Fjord Richtung Seyðisfjörður einbiegen.
Und dann ganz plötzlich: der Nebel verschwindet innerhalb 10 Sekunden und ich sehe die Berge Islands vor mir! Und das schon ganz nah! Ich kann es kaum fassen und verliebe mich augenblicklich in dieses Land.
Nach und nach kommen die anderen Passagiere an Deck, auch Anita ist nun bei mir. Die Norröna gleitet fast lautlos und langsam durch den Fjord und macht im kleinen Hafen eine 180 Wende, da die Fahrzeuge hinten hinausfahren müssen. Wir hetzen zu unserem Knutschi, räumen unsere Schiffsutensilien weg und sind bereit, von der Fähre zu fahren.
Ausschiffen und den Zoll passieren wir problemlos, fahren durch das erste isländische Hafendörflein und die schöne Strecke den Berg hoch. 4 km später platzieren wir uns auf den Parkplatz des Gufofoss (foss = Wasserfall). Laufen die 150m Richtung Wasserfall und schiessen schon die ersten Fotos. Irgendwie sind wir einfach überwältigt. Eine tolle Farbenpracht nach drei Tagen Meer!
Danach geht es weiter den Berg hoch und nach 30km kommen wir in Egilsstaðir an, dem ersten grösseren Dorf. Dort haben wir mit Dolores und Andreas abgemacht, sie waren nun 10 Wochen auf Island unterwegs und nehmen morgen unsere Fähre Richtung Dänemark zurück. Die beiden können uns viele Tipps geben und wir erfahren, dass es bisher der nässeste Sommer auf Island ever war und noch kein Tag so schön und warm wie heute. Wir haben also schon wieder Glück. Allerdings erfahren wir auch, dass die Puffins, diese tollpatschigen und wunderschöne Meeresvögel leider nicht mehr auf der Insel sind. Die Puffins sind von Frühling bis ca. Mitte August jeweils hier auf Island um ihre Jungen grosszuziehen und den Rest des Jahres verbringen sie auf dem offenen Meer.
Eigentlich wollten wir heute nach Borgarfjörður (fjörður = Fjord, diese Dörfer die so heissen, liegen also alle am Meer) zum Vogelfelsen in der Hoffnung, dass einige Puffins sich im Kalender geirrt haben und noch hier sind. Aber eben, leider nicht, es sind alle schon weg.
Dolores und Andreas geben uns den Tipp, wir sollen doch zum Stausee Kárahnjúkavirkjun fahren, der liegt im Hochland und an der einzigen asphaltierten Hochlandstrasse. Und ganz in der Nähe soll es einen Wasserfall geben, wo warmes Wasser fliesst. Das tönt ja super.
So verabschieden wir uns eine Stunde später und machen uns auf die Suche nach einem heissen Wasserfall.
Zuerst müssen wir aber noch unseren Kühlschrank füllen und darum gehen wir grad im Ort noch einkaufen. Die Lebensmittel und alles andere soll in Island ja teuer sein, aber da wir den Umrechnungskurs nicht im Kopf haben, haben wir keine Ahnung, was wieviel kostet. Würde ja auch nichts nützen, denn wir brauchen die Dinge ja sowiso, ob sie nun teuer oder günstig sind. Also machen wir uns keinen Kopf und kaufen einfach die Sachen ein, die wir brauchen.
Danach geht es dann endlich richtig los. Wir fahren 37 km entlang eines Sees (und sehen insgesamt 5 Autos), dann geht es einige Kilometer bis auf 800m ins Hochland hoch. Wir fahren weitere 60km (6 Autos) auf einer sehr schönen Strasse durch eine Mondlandschaft mit vielen kleinen Seen und Tümpeln. Einfach herrlich! Wir können uns fast nicht satt sehen, bis wir über die Staumauer fahren und danach auf einem kleinen Rastplatz stoppen.
Wir haben Sicht auf eine imposante Schlucht hinter der Staumauer und gleichzeitig sehen wir den schier unendlich grossen Stausee.
Auf der Karte finden wir den Laugavellir (Laugar = Pool, Becken), unser heutiges Ziel. Es sind ab der Staumauer aber nochmals 10km über ziemlich üble Schotterpiste, die F910. (F = Fuckstrasse sagen die Isländer), diese F-Strassen dürfen nur geländetaugliche Fahrzeuge mit 4x4 unter die Räder nehmen, z. B. ein normaler Audi mit 4x4 darf diese Strassen auch nicht benützen. Wir nehmen aber unsere 1x2 Bikes hervor und machen uns mit Muskelkraft und E-Unterstützung auf den Weg.
Es ist ein ziemlich strenger Weg, berghoch und bergrunter bis wir tatsächlich nach 10km den Wasserfall und den natürlichen Pool unter uns sehen. Noch schnell eine Abfahrt und schon sind wir dort. Es hat noch einige andere Personen hier, vor allem Familien und wir merken, dass sich die Isländer nicht gewohnt sind, dass Leute mit einem Bike hierher kommen…
Beim kleinen Bächlein oberhalb des kleinen Wasserfalls halte ich meine Hände hinein und staune, dass das Wasser richtig heiss ist. Einfach so in der Natur! Also ein Grund, die Badehosen bei 9 Grad anzuziehen und den Weg zum Laugar hinabzusteigen. Und dann sofort ins Wasser, der Bauch ist nämlich schon ziemlich kalt…
Im Wasser ist es herrlich, geschätzte 40 Grad und das Wasser des Wasserfalls ist noch wärmer. So etwas haben wir echt noch nie erlebt, und das irgendwo in den Bergen, rundherum nur Natur, auch keine touristische Infrastruktur.
Wir sind so ca. 10 Leute die sich in diesem warmen Wasser laben und gegenseitig fotografieren. Einfach nur toll. Etwas weiter unten hat es dann nochmals kleine Pools, wo jeder ein paar Grad kälter ist. Das Wasser des vorbeifliessenden Bachs hat schätzungsweise nur 6 Grad, man kriegt fast einen Krampf, wenn man in den falschen Bach steigt…
Nachdem wir es richtig genossen haben, machen wir uns wieder auf den Heimweg. Wir sind mit den E-Bikes schneller, wie die meisten 4x4 auf der schlechten Strasse und fühlen uns so richtig gut.
Zurück beim Knutschi haben wir 22km zurückgelegt bei einer Fahrzeit von einer Stunde 20 Minuten.
Am liebsten würden wir auf dem kleinen Rastplatz im Knutschi übernachten, aber wildes Stehen ist in Island verboten. Man darf nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Grundeigentümers oder auf einem Campingplatz übernachten. Und da wir uns als Gäste dieses schönen Landes an die Regeln halten, fahren wir wohl oder übel 60km an schönen, einsamen Übernachtungsplätzen zurück auf einen kleinen Campingplatz. Aber auch diese Fahrt war der Hammer, 3x mussten wir wegen Schafen stoppen und sahen dieses Mal vier andere Fahrzeuge…
Zum Abendessen kocht Anita noch ein Risotto, aber wir sind kaputt von den vielen tollen Eindrücken und einer neuen Liebe.
Ach ja, der Blogeintrag kommt nun leider immer erst ein bisschen spät, da wir hier mit der Zeitverschiebung zwei Stunden hinter der Schweiz herhinken…
31.8.2022 - Liebe Anita, lieber Rolf Cooler erster Bericht von/auf Island. - Schöne warme Aussendusche. - Freue mich auf weitere Berichte. - Gruss,