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Ben Aid Haddou Marokko 2019
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Reisebericht

Gent 3.6.2022

mit dem Fahrrad

Wir geniessen das Frühstück am strahlend blauen Himmel auf dem Stellplatz. Aber irgendwie haben wir die belgische Meerküste gesehen, das heisst, wir beschliessen weiter zu fahren. Um direkt am Meer im Sand zu liegen und die Aussicht zu geniessen, windet es zu stark und auf dem Stellplatz zu sitzen, da gibt es doch schöneres.

Wir wollen wieder zurück zu unserem Kanalstellplatz von gestern, denn von den vorbeifahrenden Schiffen können wir einfach nicht genug kriegen. Und da wir da in völliger Ruhe im Grünen sitzen und auf den Kanal schauen können, bräuchten wir nicht mal unbedingt die Schiffe. Wir sind dann gegen Mittag schon wieder dort und kaum haben wir unsere Campingstühle aufgestellt, fährt schon der erste Frachter vor unserer Loge durch. Einfach herrlich.

Wir sitzen eine Stunde dort, essen ein Häppchen und geniessen unser Leben. Aber dann schauen wir auf die Karte und merken, dass es nur 18km alles dem Kanal nach bis ins Zentrum von Gent ist. Dazu sagt uns das Internet, dass Gent eine sehr sehenswerte Stadt sein soll. Während dem wir uns beraten, ob wir diese Velotour machen sollen, werden schon unsere Fahrräder vom Ständer geholt und die Entscheidung ist auch schon gefallen.

wir kommen in Gent an

So radeln wir links immer dem Kanal nach Richtung Gent. Zuerst sind es Velowege bis wir dann den Velostreifen auf einer grösseren Strasse benützen müssen. Es geht zum Teil über und unter Brücken hindurch, bis wir wirklich im Zentrum von Gent stehen. Es sieht fantastisch aus, fast im Zentrum die Burg Gravensteen, dazu viele Kanäle mit Wasser, sehr viele Fahrradfahrer in allen Geschwindigkeiten und in alle Richtungen. Ganz so einfach ist es nicht, sich in diesem Gewimmel und Gewusel zurechtzufinden. Aber wir sehen das Rathaus, Kathedrale, Gildenhäuser, viele alte Kirchen und natürlich die Strassen aus Kopfsteinpflaster. Selbstverständlich genehmigen wir uns im Zentrum auch eine Pause und kehren dazu natürlich in einem typischen Gartenkaffee ein.

Burg Gravensteen

Wir sind begeistert!

Aber irgendwann müssen wir an die Heimfahrt denken und so radeln wir nun auf der anderen Seite des Kanals wieder Richtung Knutschi. Die südliche Seite ist nun mit dem Velo um einiges schöner, kilometerlange Alleen nur für Fahrradfahrer, während dem ganzen Weg von 20km sind wir nie auf einer Strasse mit Autos. Einfach perfekt. Und erst noch Rückenwind, was will man mehr?

auf dem Heimweg

Allerdings sind wir dann doch recht kaputt, als wir nach exakt 40km wieder bei unserem Womo sind. Zuerst ein kleines Aperöchen am Kanal, während dem grad der nächste Frachter an uns vorbeituckert.

Dieser Stellplatz hier ohne Infrastruktur ist aber schon genial! Es ist so, wie frei stehen, direkt in der Natur und direkt an einem schiffbaren Gewässer. Inzwischen sind sage und schreibe noch vier belgische Wohnmobile hier, dabei hätte es Platz für mindestens 30…

Nun brutzelt eine Pizza im Omnia, die Anita zubereitet hat. Da freuen wir uns schon drauf, denn die haben wir uns heute verdient.

Übernachtung

Aaltebei - Camperplaats Bellem*****
Stellplatz

ruhig, idyllisch, direkt am Kanal, ohne Service, kostenlos

Koordinaten: 51.09947,3.4933835
N 51° 5' 58.1"  E 3° 29' 36.2"
letzter Besuch: 6.2022

Koppenberg 4.6.2022

Ronde van Vlaanderen

Wir schlafen an unserem Hochzeitstag aus und frühstücken danach am Ufer des Gent-Brugge-Kanals. Das Wetter ist noch etwas durchzogen, soll aber besser werden. Wir entschliessen uns, weiter nach Oudenaarde zu fahren, denn dort ist das Zentrum der Flandernrundfahrt, eines meiner früheren Lieblings-Velorennen. Allerdings habe ich hier nie ein gutes Resultat herausfahren können, trotzdem verbinden mich gute Gefühle mit dieser Gegend.

Die 30km Fahrt über Land gehen wir im Fluge vorbei, Belgien ist sehr gepflegt und sauber, die Einfamilienhäuschen alle mit einem sehr gepflegten Gärtchen vorneraus. Irgendwie hat sich in den letzten 25 Jahren nicht viel geändert, auch die Betonstrassen sind geblieben.

In Oudenaarde kommen wir auf dem grossen Parkplatz praktisch im Zentrum an, direkt an der Schelde gelegen. Die erste Reihe ist für Wohnmobile, einfach perfekt. Wir schnappen sofort unsere Räder und radeln los. Ich will unbedingt den Koppenberg besichtigen, eine der berühmten Steigungen der Flandernrundfahrt. Es ist nicht die längste und auch nicht die steilste, aber die, wovor ich als Rennfahrer am meisten gezittert habe. Steil, eng, Kopfsteinpflaster und in der Kurve beim Wald immer feucht. Wenn dort nur einer der Radprofis die Kontrolle verlor und absteigen musste, war es vorbei. Dann mussten alle hinteren ebenfalls absteigen und zu Fuss hochrennen, denn zum Anfahren ist es zu steil.

Wir müssen natürlich unbedingt zu beginn der Steigung ein Foto machen und Anita fährt doch tatsächlich mit ihrem Velo die ganze Steigung bis oben!! Wow!! Alle anderen Hobbyrennfahrer mit ihren Rennvelos um uns herum kommen nicht hoch und müsse laufen. Na gut, wir haben schon einen Vorteil mit kleinen Übersetzungen und breiten Pneus.

Trotzdem ist es für mich ein cooles Erlebnis, hier den Koppenberg hochzufahren und endlich auch mal zu geniessen ohne irgendwie gestresst zu sein und unbedingt mit den ersten oben ankommen zu müssen.

Danach geht es über geteerte Strassen wieder nach Oudenaarde zurück, oder sollen wir den Oude Kwaremont auch noch fahren? Wir lassen es bleiben, fahren der Schelde entlang und studieren, wie die Schiffe bei der Brücke der Hauptstrasse untendurch fahren sollen. Wird diese Brücke hochgeklappt oder geschwenkt? 10 Minuten später wird das Rätsel gelöst, als ein Frachter angefahren kommt. Die gesamte Brücke wird einfach 5m in die Höhe gehoben, bis das Schiff unten durch passt. Ein cooles Schauspiel.

die Brücke wird einfach angehoben

Danach fahren wir ins sehr nahe Zentrum auf den Marktplatz, trinken einen Aperitif, geniessen die Sonne und alles andere. Inzwischen ist es 26 Grad heiss, genau richtig, bevor wir wieder bei unserem Knutschi sind.

Etwas später laufen wir die 300m bis ins Zentrum und sehen dann das Radsportgeschäft «Centrum Ronde van Vlaanderen» (standesgemäss direkt vor der Kathedrale), klar, kann ich hier nicht einfach vorbeilaufen, da muss ich einfach rein. Alte und neue Fotos von der Flandernrundfahrt, alle Namen der Sieger schön der Reihe nach aufgelistet, ihre Trikots und Rennräder und und und. Ich kann mich einfach nicht satt sehen und kaufe mir dann auch noch das schönste Radtrikot, das es gibt (kein Schnäppchen...): das braune Molteni von Eddy Merckx! Ich habe einen riesen stolz und es ist jetzt schon der beste Hochzeitstag ever.

Als ich mich endlich losreissen kann, spazieren Anita (ja, sie ist auch mitgekommen) und ich 200m weiter in ein schönes Restaurant auf dem Marktplatz, setzen uns draussen hin und bestellen einen feinen Znacht, etwas typisch Belgisches: Filet Mignon mit Frits. Es ist einfach der Hammer, wir haben schon wieder ins Schwarze getroffen!

Nun sitzen wir noch etwas an der Schelde und hoffen, dass schon bald der nächste Frachter vorbeifährt.

Belgien ist einfach top!

Übernachtung

Oudenaarde - P Den Ham***
Stellplatz

Sicht auf die Schelde, ohne Infrastruktur, kostenlos

Koordinaten: 50.83997,3.603791
N 50° 50' 23.9"  E 3° 36' 13.6"
letzter Besuch: 6.2022

Schiffshebewerk Strépy-Thieu 5.6.2022

Die super Schleuse

Es schüttet wie aus Kübeln, die ganze Nacht schon, kein Grund, länger in Oudenaarde zu bleiben. Also fahren wir 80km durch Belgien in den wallonischen, französischsprechenden Teil von Belgien zum Schiffshebewerk Strépy-Thieu. Es ist ein riesiger Bau, eröffnet 2001 um grosse, 1350 tonnen Schwere Schiffe 73m mit einem Lift hochzuheben! Es ist der Canal du Center, der die Wasserwege rund um Holland und Deutschland mit Frankreich verbindet. Der eigentliche Kanal ist nur 18 Kilometer lang, hat es aber in sich: er fliesst 100m über Meereshöhe und durchfliesst auf einer 20m hohe Brücke die Autobahn und ein Tal. Um den Höhenunterschied auszugleichen, wurde dieses Schiffshebewerk gebaut, da es bei jeder Schiffsdurchfahrt rund 4000x weniger Wasser verbraucht wie eine normale Schleuse. Und da der obere Teil des Kanals fast keine natürlichen Wasserzuflüsse hat, müsste das Wasser bei einer Schleuse wieder hochgepumpt werden. Mit diesem Schiffslift geht jeweils fast gleich viel Wasser hoch wie runter.

der Lift ist unten und bereit

Der Lift ist übrigens 112m lang, 12m breit und bis zu 4m tief, das heisst, der Lift muss ca. 8400 t anheben, egal ob ein grosses, beladenes Schiff oder ein kleines, leeres angehoben werden muss. Es ist einfach weniger oder mehr Wasser im Becken. Und da man das Gewicht genau kennt, konnten auch die Gegengewichte genau abgestimmt werden und so ist nicht mal viel Energie notwendig für die 6 minütige Fahrt nach oben oder unten.

oberhalb des Werkes

Da es immer noch aus Kübeln giesst, besuchen wir die Ausstellung im Schiffshebewerk und dann in der 5. Etage die Panorama-Aussicht. Allerdings ist die Aussicht durch die Fenster (nix mit nach draussen gehen) nicht so eindrucksvoll, irgendwie gefällt uns das rieisge Bauwerk von aussen viel besser wie innen. Die Ausstellung ist also kein muss…

Da heute Pfingstsonntag ist, fahren leider keine Frachtschiffe auf dem Kanal und keines muss den Lift nach oben nehmen. Aber gerade als wir im Kino den Dokumentarfilm schauen, hören wir die Motoren starten und als wir dann endlich draussen sind, ist der obere Lift nun schon unten und wir haben alles verpasst. Schöner Mist!

Aber wir haben Glück, eine halbe Stunde später fährt der Lift ohne Schiff wieder nach oben und wir können im Regen doch noch so eine Fahrt bewundern.

8400 t fahren hoch


So kocht Anita auf dem Parkplatz in Ruhe noch Spaghetti, denn verpassen tun wir nichts mehr. Nachdem wir die Teller ausgeschleckt, die Pfanne mit einem Haushaltspapier von den gröbsten Tomatensaucenresten befreit haben, waschen wir noch alles ab. Und danach um halb fünf entscheiden wir uns, doch noch weiter zu fahren. Es regnet und wir verpassen gar nix, da können wir auch heute noch ein grosses Stück fahren.

Es geht zügig ohne Lastwagen Richtung Luxembourg, wo wir mit dem letzten Tropfen Diesel ankommen und grad noch verhältnismässig günstig füllen. Danach fahren wir noch ein Stück und sind nun in Hombourg-Haut in Frankreich irgendwo zwischen Metz und Saarbrücken.

Übernachtung

Hombourg-Haut - Aire de camping-car***
Stellplatz

allen Service, kostenlos

Koordinaten: 49.12456,6.7794676
N 49° 7' 28.4"  E 6° 46' 46.1"
letzter Besuch: 6.2022

Fazit Belgien mit dem Womo 6.6.2022

eine klare Empfehlung

Belgien hat uns überrascht, positiv! Es hat wohl nicht ganz so viele Stellplätze wie bei den Nachbarn Deutschland und Frankreich, aber es gibt viele und tolle Parkmöglichkeiten. Dadurch gibt es auch Freistehmöglichkeiten, die Belgier sehen das nicht ganz so eng.

Gegenden

Belgien unterteilt sich in den flämischen Teil, der holländisch spricht. Dieser Teil erstreckt sich westlich von Holland, also auch die belgische Küste. Der Wallonische Teil spricht französisch, dieser Teil erstreckt sich im Süden. Eine Besonderheit ist die Hauptstadt Brüssel, obwohl es im flämischen Teil liegt, wird dort hauptsächlich französisch gesprochen. Die Flamen und Wallonen kämpfen politisch seit Jahren eher gegen- statt miteinander. Flandern ist eher flach und dicht besiedelt, Wallonien mit den Ardennen hügelig und wirtschaftlich eng mit Frankreich verbunden.

tolle Kanäle

Beide Bevölkerungsgruppen sind recht locker im Umgang, ein Fest ist schnell gefeiert und man sieht die Dinge nicht ganz so eng. Bei einer Übernachtung im Womo wird man also eher durch Feierlichkeiten gestört, als von einem Platz vertrieben…

Stellplätze

Die Stellplätze sind übers ganze Land verteilt, aber direkt am Meer mit Sicht darauf , das gibt es nicht. Aber es gibt viele Stellplätze in den tollen Städten und Städtchen, egal in den grösseren Brüssel, Brügge, Antwerpen und in den kleineren, z.B. Gent und Oudenaarde. Die Städte sind im Zentrum wirklich extrem schön, vor allem auch wegen den Kanälen. Überhaupt, die belgischen Kanäle, die sich durch das ganze Land ziehen, sind alle sehenswert. Auf den allermeisten gibt es regen Schiffsverkehr und Schleusen aller Art. An den Kanälen gibt es einige Stellplätze und viele Parkmöglichkeiten, wo man auch übernachten darf.

Oudenaarde

Entsorgungsstationen auf Autobahnen sucht man vergebens, da muss man meistens bei Stellplätzen vorbei. Campingplätze gibt es am Meer sehr viele, die auch sehr gut ausgestattet sind.

Fahrräder

Eines darf man in Belgien nicht zu Hause lassen: die Fahrräder! Überall gibt es Velowege, hunderte Kilometer direkt an einem Kanal, in den Innenstädten haben die Velos meistens Vortritt und man kommt sehr schnell durch eine Stadt. Es gibt auch überall Veloparkplätze, wo man dann zu Fuss weiter kann. Man muss nicht staunen, wenn da junge Frauen mit dem Rennvelo einkaufen gehen, ältere Damen mit einem Transportvelo unterwegs sind und die Herren vor der Kneipe ihr Fahrrad abstellen. In Belgien sind die Radrennen ein Volksfest, wo jeder, wirklich jeder hingeht.

Velowege

Essen

Das Nationalgetränk in Belgien ist Bier, in den verschiedensten Varianten, das Nationalgericht Pommes mit Mayo. Und das ist absolut nicht abschätzig gemeint: in den Restaurants gibt es überall ein gutes Stück Fleisch mit sehr guten Friten. Unbedingt auch die vielen Bäckereien mit ihren Leckereien und verschiedenen Broten besuchen. Verhungern muss man nicht, im Gegenteil, das Essen wird in Belgien so was von unterschätzt.

Küste

die Küste von Belgien ist keine Schönheit, aber dennoch faszinierend. Kilometerlange Sandstrände, die längste Tramlinie der Welt und fürchterliche Hotelkomplexe an bester Lage. So fürchterlich, dass es schon wieder einen gewissen Charme versprüht. Dafür gibt es viele Strandbars und viele Touristen, es kann wirklich was los sein. Nur Stell- oder Campingplätze mit Meersicht gibt es keine...

Küste

Kosten

Viele Stellplätze sind kostenlos, von daher sehr entspannt. Preise fürs Essen in Restaurants und Lebensmittel beim Einkauf sind in etwa so wie in der Schweiz, also nicht günstig. Dafür ist der Diesel um einiges günstiger wie hier.

Unsere Fazit

Belgien wird für Wohnmobilreisen unterschätzt und ist unbedingt eine Empfehlung wert.

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