Wir probieren uns in einer neuen Sportart, stehen aber schon wieder direkt an einem See.
Bevor wir heute von Maloja nach Silvaplana losfuhren, klingelte noch mein Handy. Herr Steiner, Brand Manager der Marke Engadin, war am Apparat. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Es ist jeweils meine Art, wenn mich etwas stört, dass ich mich melde und weitere Infos oder Gründe anfordere. So schrieb ich vorgestern dem Toruismusbüro Engadin kurzerhand ein Email, betreffend Campingplätze, fehlenden Stellplätzen und Campingverbotstafeln im Engadin und die Anfrage, ob ich nicht mit einem Verantwortlichen darüber einmal reden könnte. Und dann schon heute Morgen ruft mich der Chef persönlich an. Nur schon mal das finde ich ein super Service, denn meine Telefonnummer musste er selber raussuchen, die gab ich im Mail gar nicht an. Dann wurde es tatsächlich ein längeres, sehr konstruktives Gespräch, das mir viel Mut und Zuversicht für den Besuch von Wohnmobilsten im Engadin gibt. Dazu aber später mehr, wenn die Ideen spruchreif sind.
Also fahren wir mit Verspätung in Maloja los, werden unterwegs noch bei einer Baustelle für fast 30 Minuten blockiert und treffen so viel zu spät in Silvaplana ein. Wir fahren dort vor die Campingplatzrezeption und werden freundlich angewiesen, wir sollen uns irgendwo einen freien Platz suchen, uns hinstellen und ab 15 Uhr hier anmelden. Das kommt uns sehr gelegen, denn wir rennen direkt zur Kite-Schule Schweiz los, die direkt neben dem Campingplatz liegt.
Ich habe mich im Vorfeld dieser Reise für einen Kurstag überreden lassen. Wir können weder Windsurfen, noch Gleitschirmfliegen, noch normal Surfen, was sollen wir denn da mit Kitesurfen wollen? Aber da wir für neues offen sind, sind wir einfach gespannt.
Zuerst gibt es Theorie, Erklärungen über Wind und fliegen, wie sich Winddrachen verhalten, wer wann wo Vortritt hat, was Lee und Luv ist, auch Steuerbord und Backbord sollten wir nun wissen. Sogar die Theorie war echt interessant und was mich besonders erstaunt, auch hier ist alles geregelt. Wo man Kitesurfen darf, wo die Ausstiegs- und Einstiegszonen sind, wo die «Freien»-Kite-Surfer ihr Revier haben, wo die Schüler, und wo gar niemand darf. Also nichts mit Hippie und einfach drauflos und sich an keine Regeln halten. Die grosse Freiheit ist auch auf dem Wasser vorbei! Nur das Wetter spielt nicht so ganz mit. Ziemlich kalt, und fast windstill. Wir sollen uns aber keine Gedanken machen, um 13 Uhr wird der Südwind von Maloja her anziehen, das sei immer so, erklärt uns Thomas, unser Lehrer.
Weil der Wind auf sich warten lässt, kriegen wir dann einen leichten, top-Modernen Gleitschirm, äh, Kite, den wir nun vorbereiten können. Wir ziehen ein Gstälti an, Thomas startet den Schirm hoch in die Luft und während der Schirm hoch oben (24m) schön ruhig in der Luft fliegt, wird er von Thomas zu mir umgebunden, so dass ich nun alles selber machen kann. Der Schirm ist an meinem Körper via zwei Leinen verbunden, dazu habe ich einen «Steuerknüppel» in der Hand, der die zwei Steuerseile dirigiert. Es ist wirklich faszinierend, wie präzise sich dieser Schirm steuern lassen kann, wie man die Kraft so lenken kann, dass ich problemlos mit nur einer lockeren Hand alles im Griff haben oder dann auf voll Power, dass ich den Schirm fast nicht mehr halten kann und es mich fast vom Boden abhebt. Und dann ist Anita an der Reihe und wieder wird der Schirm von mir zu Ihr umgebunden, ohne dass er zu Boden fliegt.
Auch Anita hat alles super im Griff, so dass wir nun schon Notfälle simulieren können. Sobald man alles loslässt, fällt der Schirm zu Boden. Wird es ganz brenzlig, kann man ihn vom Gstälti auch unter Voll-Last innert Sekunden lösen. Echt Hightech!
Am Nachmittag haben wir dann Level 1 der standardisierten Ausbildung abgeschlossen und könnten bei Level 2 irgendwo auf der Welt weitermachen. Dann sind die ersten Wasserübungen an der Reihe und bei Level 4 kann man schon auf dem Brett auf dem See hin und her fahren. Machbar innerhalb einer Woche.
Anita und ich haben aber momentan nicht grad so Lust, mit den Wasserübungen zu beginnen, es regnet leicht und ist sau kalt. Also machen wir die Theorie-Prüfung, 24 Fragen zur Sicherheit, Lee und Luv und viele anderen Dinge, die wir souverän bestehen.
Ich habe jetzt eine Kitebording Licence mit Nr. 50097277X, Level 1 mit Theorie. Alleine aufs Wasser und Ausrüstung mieten darf man erst, wenn man Level 4 mit Theorie hat, vorher nur alles mit ausgebildetem Lehrer.
Die gesamten Vorschriften bei dieser jungen Trendsportart überraschen mich echt und ich werde diese «Hippis» ab jetzt mit anderen Augen anschauen.
Nach diesem Kurs finden wir dann endlich Zeit, uns beim Campingplatz anzumelden, im Campingshop einzukaufen und einen Rundgang zu machen. Auch dieser Campingplatz überrascht uns! Ein sehr schönes Campinggebäude und die Lage direkt am See zum Teil unter Bäumen ist einfach top. Es gibt keine Parzellen, man kann sich hinstellen, wo es Platz hat. Ist ja klar, dass wir den schönsten Platz grad für uns beanspruchen, direkt am grünen Silvaplanersee auf einer Wiese.
Der Campingplatz ist auf ein sportliches Publikum und besonders auf Wassersportler ausgerichtet. Natürlich perfekt für Kite-Surfer, da daneben grad ein perfekter Ort mit der Schule und der gesamten Infrastruktur haben. Alle Wohnmobile im nördlichen Teil (nahe an der Kiteschule) haben Surfbretter und Kite-Segel geladen und die anderen haben mindestens Mountainbikes dabei. Aber auch Stand Up Paddling können gemieten werden und die Tennisplätze und schönen Sportanlagen liegen bei der Kite-Schule. Für Kinder gibt es dort übrigens eine tolle, kleine Bikerunde mit Steilwandkurven künstlichen Hügeln.
Überrascht sind wir auf diesem Campingplatz, dass man am Abreisetag bis Abends bleiben darf und nicht mittags schon draussen sein muss, auch während der Hochsaison. Das finden wir einfach toll und müsste viel mehr verbreitet sein. Auch cool ist, dass man sich so platzieren kann, wie man will, da es keine Einteilung gibt. In der Hochsaison kann es dann aber schon mal eng werden, aber dann rückt man einfach zur Seite und gibt einem Gast mehr, die Möglichkeit hier zu schlafen.
Aber auch wir fühlen uns wohl hier (sind wir jetzt Sportler oder doch eher Geniesser?), der Weg ins Dorf beträgt nur wenige 100m und zwei Restaurants befinden sich grad neben dem Campingplatz. Was will man eigentlich mehr (ausser momentan etwas wärmeres Wetter)?
Hinweis: für diese Reise wurden wir von den Engadiner Campingplätzen, SCCV und ACS eingeladen.
22.6.2019 - Hoi zäme Merci viumau für die super Bricht übers Engadin. Interessant wäri no z wüsse, was die Campingplätz ir Houpt- u Näbesaison choschte. Merci im vorus.
Häbu
23.6.2019 - Zu den Kosten will ich am Schluss dann eine Zusammenfassung veröffentlichen, damit alle etwa gleich verglichen werden.
Rolf