Wald von Arenberg
Wir sind im Norden von Frankreich, an der Grenze zu Belgien. Und da ist eines klar: wir besichtigen die Pavées vom Wald von Arenberg. Diese Waldpassage ist eine Schlüsselstelle vom Radklassiker Paris – Roubaix. Und diese Waldpassage hat mir alles gebracht, was möglich ist: ich wurde da schon abgehängt, fuhr hier aber auch solo alleine an der Spitze durch den Wald, wurde schon eingeholt, fuhr mit der Spitzengruppe mit, als es um den Sieg ging, bin dann aber in sehr aussichtsreicher Position unverschuldet gestürzt, musste das Rennen aufgeben und einen Zuschauer fragen, ob er mich ins Ziel bringt, mein Velo war Schrott. Auf diesem Stück habe ich also schon alles erlebt. Warum dann im Eingang ein Gedenkstein von Jean Stablinski (ehemaliger Radprofi) aufgestellt wurde und nicht von Rolf Järmann, begreife ich bis heute nicht…
Aber es ist schon eindrücklich und bei mir sind augenblicklich alle Erinnerungen wieder präsent. Die Positionskämpfe vor diesem Stück, das Tempo, wo man mit 60km/h auf die Kopfsteinpflaster im engen Gewühl der anderen Profi fährt, Angst hat, das Vorderrad rutscht weg, Augen zu und durch. Und dann das Schütteln des Lenkers, die Schläge der Steine, die Plombierung des Waldweges, die schreienden Zuschauer, die Pfützen auf der Seite. Und dann ab der Mitte der Passage steigt der Weg ganz leicht, die Beine tun weh, die Muskeln sind hart. Und dann, dann wenn man den letzten Stein überwunden hat, links weg auf die Asphaltstrasse und nochmals Vollgas gegeben: komme ich in die Gruppe nach vorne oder bleibe ich hinten hängen? Nur noch 95km ins Ziel.
Und dann kommt die Frage von Anita wie aus dem nichts: «Warum fährt man hier mit dem Rennvelo drüber? Das kann doch nicht gesund sein?» «Ähh, mhh… Es ist und war eben immer so.»
Es gefällt mir hier, endlich erlebe ich die Steine ohne Stress, ohne Angst. Und ganz gemütlich.
Fabian (Cancellara) ich ziehe den Hut vor deinen Leistungen hier!
Danach, als ich mich mit den Emotionen vollgesaugt habe, wollen wir noch die Kohlemine besichtigen. Die drei Türme, die als Radprofi das Zeichen war, nun definitiv an die Spitze des Feldes zu fahren, will ich auch mal in Ruhe ansehen, und nicht nur auf dem Velo. Es ist aber nichts los, die Webseite der Mine ist tot, alles geschlossen. Wir finden aber doch noch ein Türchen, das offen ist und uns auf das Gelände lässt. Es ist schon eindrücklich und ganz hinten finden wir auch der Elefant der Erinnerung. Dieser Elefant, 13m hoch, wurde um 18 Hundert nach Christus geplant, wurde aber nicht realisiert und erst zum 200 jährigen Jubiläum der Französischen Revolution 1989 erstellt. Aber seit 1997 wartet dieser Koloss auf einen Käufer. Man braucht nur 6 Sattelauflieger und einen 25 Tonnen-Kran, der die vier 17 tönnigen Teile zusammensetzt.
Als wir wieder beim Knutschi sind, merken wir, dass wir schon in einer strukturschwachen Region von Frankreich sind, (Wir sind bei den Ch’tis. Wer kennt diesen Film noch?) kein Stellplatz weit und breit. So entschliessen wir, noch bis zum Meer zu fahren und zwischendurch endlich mal einzukaufen.
Wir sind heute sehr weit gefahren, erlebten viele Emotionen und unbekannte Gegenden. Einfach toll, auch wenn man nicht in so bekannten Gegenden unterwegs sind.
Wir haben übrigens schlussendlich einen ganz tollen Stellplatz hoch über dem Meer gefunden.
Wir sind glücklich.
16.9.2025 - Klar Ch'tis (toller Film) aber Bergues südl von Dünkirchen. Übrigens in Eurer Ecke um Boulogne-sur-mer gibt es bei den Imbissen die Pommes im Baguette mit leckerer scharfere Soße die auch Ch'itis heißt. Waren schon oft in der Ecke, toll die Küste mit dem Fahrrad durch Boulogne bis Wimereux (war aber bestimmt schon zu Deiner Zeit Tour-Etappe). Le Touquet auch so schön, alles schön bis Deauville und dann in die Bretagne. Freuen uns auf Eure Berichte. Viel Spaß und schönen Urlaub
trudchen
21.9.2025 - Liebe Anita, lieber Rolf, - Wir kommen erst jetzt dazu, wieder einmal euren Blog nachzulesen (kämpfen eben unterwegs immer mit Datenknappheit). - Was für ein toller Bericht des Radrennfahrers Rolf, - als wären wir dabei gewesen. - Und unsere Hochachtung für diese Leistungen. - Speziell ist auch, dass Fabian C als Kind im gleichen Haus lebte, wie wir heute (wenn wir nicht gerade mit dem Mobi auf Tour sind). - Wir wünschen euch eine glatte Reise, ohne Kartenverlust und andere Schreckensmomente. Mit lieben Grüssen, auch von Renate -
22.9.2025 - Hoi zäme Wir haben im Frühling 2024 direkt beim Stablinskidenkmal übernachtet. In der Abenddämmerung in den Wald von Arenberg zu schauen war sehr mystisch und als Radsportfan kamen einige Emotionen hoch.
Peter Gerber