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Morschach Schweiz 2014
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Steinewerfende und bettelnde Kinder

Man hört ja viel von Marokko und wir haben nun auch einiges erlebt

Wir sind nun viel in Marokko umhergekommen, auch wenn es das erste Mal war. Im Vorfeld haben wir schon einiges gehört und waren echt gespannt auf die Wirklichkeit und ob es wirklich so schlimm ist.

Der erste Eindruck erhielten wir schon im Hafen von Tanger Med beim Warten bei der Einreise. Jugendliche kletterten über den drei Meter hohen Zaun und schlichen sich hinter den Polizisten auf die Wartenden zu um zu betteln. Sie hielten sich aber ausnahmslos an die Einheimischen und kein einziger Jugendlicher näherte sich unserem Wohnmobil. Einige Einheimische gaben ihnen die auf der Fähre nicht verzehrten Sandwiches oder Gebäck. Keiner gab ihnen Geld, alle nur Esswaren. Für uns war es irgendwie schockierend, sowas zu sehen, darauf waren wir nicht vorbereitet, aber wie gesagt, wir wurden absolut nicht belästigt und die einheimische Polizisten vertrieben die Jugendlichen immer wieder. Sie sahen jetzt auch nicht so aus, als wären sie vor dem Verhungern oder waren sehr schlecht gekleidet. Ich glaube, einiges war doch nur Show…

Danach hatten wir absolut keine Vorfälle auf den nächsten Etappen. In Tiznit fragte ich in der Stadt einen Burschen, wo man da Kohle kaufen könne. Er führte mich in die Garage, trug danach die Kohle und unsere Einkäufe bis zum Campingplatz und fragte danach, ober ich nicht ein T-Shirt oder andere Kleider für ihn hätte. Da hätten wir unsere nicht mehr gebrauchten Kleidungsstücke brauchen können.

Im Gegenteil, der Atlantikküste hinab bis Sidi Ifni und dann ins Landesinnere bis zur Sahara in Mhamid im Süden gab es keine weiteren Vorfälle mehr. Alle Kinder am Strassenrand winkten freundlich oder wenn sie einfach nur schauten und wir winkten, begannen sie zu lachen und winkten wie verrückt zurück.

In Mhamid dann die ersten Kinder, die auf dem Stadtbummel scheu fragten, ob wir nicht für sie einen Dirham hätten (10 Cent). Hatten wir nicht, denn wir verteilten auf der ganzen Reise überhaupt nix ohne Gegenleistung, weder Süssigkeiten noch irgendwelches Geld. Nur ein Knabe wollte nicht kapieren, dass wir kein Geld verteilen. Als ich ihm dann auf französisch klarmachte, dass nur der Dirham bekommt, der auch arbeitet und dass das auf der ganzen Welt so ist, liess er uns in Ruhe.

Ging also ganz easy und vor allem die Mädchen freuten sich jeweils riesig, wenn wir ihnen zuwinkten. Ob das wohl so ist, da hier Knaben mehr zählen wie Mädchen und sie sonst weniger Aufmerksamkeit bekommen? Übrigens auch die Frauen waren immer sehr freundlich und winkten zurück.

Wir hatten also absolut keine Probleme bis zur Dadés-Schlucht. Vorher wurden wir von einem Schweizer Ehepaar gewarnt, dass in der Tourgha- und Dadés-Schlucht die Kinder nervig sind. Wir konnten das nicht glauben, bis wir wirklich auch da waren.

Je weiter hinten wir im Tal waren, je abgelegener es wurde, umso frecher wurden die Kinder. Zuerst machten sie unserem Wohnmobil Handzeichen, dass wir anhalten sollten. Hielten wir an, fragten sie ungeniert nach Geld. Bei den Fotostopps sprangen von irgendwoher Kinder und wollten irgendwelche Dinge zu Fantasiepreisen verkaufen. Einen Becher für 100Dh z.B. und wenn wir nichts kauften, machten sie eine ziemliche Schnute und fragten nach Dirhams. Man muss bedenken, dass im Dorf im selben Tal ein grosses Brot 2 Dh kostet und der Bäcker den ganzen Tag schuftet, um ein Einkommen zu haben. Und wenn dann ein Kind von „dummen“ Touristen mit 100 oder auch nur 20Dh beschenkt werden, dieser Bäcker sich ziemlich blöd vorkommen muss. Geld also nur für Gegenleistung.

Im selben Tal ging es dann so weit, dass sich uns eine Gruppe von 5 – 7 Kindern schätzungsweise 9 – 13 jährig auf der Strasse in den Weg stellten und wir anhalten mussten. Nach einem lauten Hupen schreckten die zurück, zwei klatschten aber mit den Händen auf die Aussenwand des Womo. Das liess ich mir nicht gefallen, hielt sofort an, stieg aus und die Kinder rannten wie der Teufel die Strasse runter und ich hinterher, bis sie im Gebüsch verschwanden. Unserem Womo machte es nichts, und ich denke, das war der jugendliche Übermut dieser Gruppe. Auch bin ich mir sicher, dass die Eltern sowas nicht erfahren durften, denn sie würden dies nicht goutieren. Denn die Erwachsenen in diesem Tal waren überaus freundlich und hilfsbereit.

Etwas weiter auch in den gleichen Bergen aber einem anderen Tal zwang uns nochmals eine Gruppe Kinder zum Anhalten und als wir einfach auf die Hupe drückten und fuhren, las einer dann wirklich einen kleinen Stein vom Boden auf und warf es nach unserem Wohnmobil ohne zu treffen. Das gleiche Spiel, anhalten und Rennen. Beide Gruppen waren ausserhalb der Dörfer, wo weit und breit kein Erwachsener zu sehen war.

Wir trafen also nur einen einzelnen Knaben, der einen kleinen Stein warf, aber viele, die bettelten. Und darum nochmals: ohne Gegenleistung keine Belohnung! Sonst leiden danach die nachfolgenden Touristen.

Geht man zum Essen beim Campingplatzchef, auch wenn man es bezahlt, darf man gerne ein paar Süssigkeiten für seine Kinder dalassen oder auch, wenn man ein Kind nach dem nächsten Bäcker fragt, darf es ruhig etwas Süsses danach bekommen.

Das liest sich jetzt ziemlich schlimm, aber wenn man bedenkt, dass wir drei Wochen unterwegs sind, war es wirklich easy und bei weitem nicht so dramatisch, wie es sich vielleicht anhört. Also, unbedingt nach Marokko fahren, die Kinder sind echt kein Problem.

Aber nochmals, wir hatten ansonsten während 99% der Kontakte oder des Weges absolut kein Problem mit Kindern…

 

16.4.2021 - Deutschland beutet Marokko aus (siehe Handelsabkommen), und dann kommen Sie mit ihrem Wohnmobil und sagen: "Kein Dirham ohne Gegenleistung".

Jan Stein


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