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Marokko 2018
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Von Ärger bis Glück

889, eine der schönsten Strecken

wo ist unser Mikroknutschi?

Nachts um 1 Uhr bin ich wieder an der Nordkap-Kugel, die Mitternachtssonne strahlt vom Himmel, ein paar Gestalten machen noch immer Fotos. Ich bin wieder genauso fasziniert wie bei den ersten zwei Mal. Auch Anita steht bei mir in der Kälte (2,4 Grad), nach kurzen aufwärmrunden im Womo schnell wieder raus, man könnt ja etwas verpassen. Wie soll man da müde werden, wenn die Sonne scheint? Erst um halb drei gehen wir dann ins Bett und versuchen, es drinnen so dunkel wie möglich zu machen.

Schon um 7 bin ich wieder wach, wie soll man bei Sonnenschein schlafen können? Nochmals machen wir ein paar Fotos von den verschiedenen Ansichten und sehen einige Busse, die andere Touristen herankarren, parken. Anscheinend ist ein Kreuzfahrtschiff im Hafen von Honningsvåg angekommen.

Norwegian Star im Hafen

Wir packen zusammen und fahren 33km eben zu diesem Hafen. Wieder eine schöne Fahrt bei ziemlich gutem Wetter, aber die Quadfahrer nerven ein bisschen, weil sie nur mit 40km/h auf der Haupstrasse umhertuckern, Touristen vom Kreuzfahrtschiff. Im Hafen gehen wir zu der Tourist Info und müssen zuerst mal Schlange stehen. Die Kreuzfahrpassagiere wollen Ausflüge buchen. Als wir an der Reihe sind, strecken wir unsere Nordkap-Diplome hin und wollen unseren dritten Stempel holen. Die Dame hinter der Theke erklärt uns, dass wir hier keinen Stempel bekommen, dass wir den am Nordkap holen müssten. Freundlich erwidern wir, dass der Herr am Nordkap, als wir den Stempel holen wollen, uns hierhin geschickt hat. Die Dame wird forscher und sagt uns klipp und klar, dass es hier kein Stempel gibt, dass dies eine Nordkap-Angelegenheit ist. Langsam werde auch ich säuerlich und bettle, sie solle doch einfach das Datum eintragen und irgend einen Stempel auf dieses Diplom knallen, damit wir einen Beweis hätten, dass wir dort gewesen sind. Kurz, es gibt keinen Stempel für den Beweis für den Royal North Cap Club, dass wir ein 3. Mal hier waren. Noch säuerlicher wie vorher steige ich (auch Anita) in unser Womo und uns bleibt nichts anderes übrig, als wieder 33km hoch zum Nordkap zu fahren. Und wieder nerven Quadfahrer auf der Hauptstrasse mit 40km/h. Die Norwegian Star mit 2300 Kreuzfahrern bleibt noch bis abends 22 Uhr im Hafen, die Ruhe am Nordkap ist also vorbei.

Wieder in den Nordkap-Hallen schnurstracks zum Welcomedesk, um unsere Diplome hinzustrecken und diesen Stempel zu holen. Leider geraten wir an die Schwester der Dame vom Touristinfo, gleiche Figur, gleiche Frisur nur andere Haarfarbe. Sie schüttelt den Kopf und sagt uns, dass wir den Stempel an der Touristinfo holen müssen. Dann nehme ich mein bestes englisch hervor und erkläre dieser Dame, wo wir schon alles waren, wie viele Kilometer wir gefahren sind und ich nun diesen Stempel brauche, ohne den ich nicht hier raus gehe. Die Dame bleibt hart und nervt gewaltig. Dann erkläre ich, dass es auf der offiziellen Webseite des Nordkaps, wo sie dazugehört, steht, dass man sich hier am Welcom-Desk melden soll, auch in den deutschen Prospekten steht das (allerdings auf englisch). «Das sind Fehler» meint sie lapidar. Ich werde hässig, nicht säuerlich, und erkläre ihr, sie solle jetzt hier ein Datum eintragen und den Stempel draufknallen. Die Dame, anscheinend die Managerin, einigt sich dann mit uns, dass eine Angestellte das Datum einträgt, verbietet dieser aber, den Stempel draufzuknallen. Ich komme nochmals mit der offiziellen Webseite und dem Tourist-Info und dann wird auch sie hässig. Sie nimmt ihr Telefon und geht ins Büro, ich weiss nicht, wen sie nun anruft, ob den Webmaster, um die Webseite zu ändern oder die Touristinfo. Diese Gelegenheit nützt die andere freundlich Angestellte und sagt, die Managerin sei eben neu hier (hat wahrscheinlich vorher im Touristenbüro in Honningsvåg gearbeitet bei ihrer Schwester…), aber wir sollen doch schnell in den Shop gehen, dort bekommen wir den Stempel sicher. Wir bedanken uns und versuchen es im Shop. Und oh Wunder, den Stempel gibt es ganz schnell und unbürokratisch.

Stempel sind hart verdient

Langsam wundere ich mich, dass hier das Nordkap, die Touristeninfo und der Royal North Cape Club (gibt es den überhaupt noch?) nicht besser zusammenarbeiten. Dazu passt auch ins Bild, als um 10 Uhr Busse der Kreuzfahrer ankommen, im Restaurant kein Kaffee getrunken werden kann, die Angestellten sind hier, aber das Restaurant öffnet erst um 11 Uhr. Sie mussten extra jemand abdelegieren, der den möglichen Gästen erklärt, das Restaurant sei geschlossen…

Egal, wir fahren nun definitiv weg vom Nordkap, ein letztes Mal nerven die Quadfahrer und es kommen immer noch Busse entgegen. Uns wird nun auch klar, dass ein Nordkap-Tour vom Hafen in Honningsvåg «Northcap-Sightseeing 4 Std.» inkl. Stopp beim chinesischen Sami-Shop, (an dem wir alleine heute 3x vorbeifahren) ganze 1599 NOK kostet (aktuell CHF 133.-). Wenn das nur die Hälfte aller Passagiere bucht, sie machen diese Kreuzfahrt ja, um das Nordkap und die Mitternachtssonne zu sehen) sind das innerhalb 24 Stunden 150'000 CHF Umsatz für die Region. (Es steht übrigens nun noch ein zweites Kreuzfahrtschiff im Hafen…) Was kümmern die sich um 100 Wohnmobilisten, die erst noch zwei Tage bleiben???

So verlassen wir nun Honningsvåg, wieder gut gelaunt. Um den Stempel ging es uns gar nicht, aber wenn eine Organisation solche Dinge vollmundig verspricht, sollen sie es auch einhalten und die Kunden nicht für Dumm verkaufen. Der Gratis-Eintritt als Mitglied dieses Clubs ins Nordkap hat problemlos funktioniert.

Wir müssen nun insgesamt 120km bis vor Olderfjord zurückfahren, diese Strecke fahren wir insgesamt nun schon zum 6. Mal und so faszinierend wie beim ersten Mal ist es nun nicht mehr. Wir sind froh, als wir so nach rechts auf die 889 abbiegen können, eine Nationale Touristenstrasse.

die Schöneit der Strasse 889 kommt nicht zur Geltung auf den Fotos

Und schlagartig ändert sich das Bild. Ein Traum einer Strasse, wir fahren 80km nach Norden und uns kommen vielleicht 14 Autos entgegen, eines fährt in die gleiche Richtung wie wir. Wir durchfahren vielleicht vier Dörfer, stoppen an unzähligen Rastplätzen, fahren der Küste entlang durch Felslandschaften, über kleine Pässchen und grüne Täler. Lassen wieder mal Rentiere vor uns die Strasse überqueren, geniessen die Sonne und die wärmer werden Temperaturen. Sogar Anita meint plötzlich: «das ist eine unsere schönsten je gefahrenen Strecken.» Es ist allerdings schwierig, dies auf Fotos darzustellen.

Dann um 16 Uhr fahren wir in Havøysund ein, der Hafen und die Boote direkt von der Sonne beleuchtet, weit oben auf dem Hügel ein grosser Windpark.

Wir fahren den Hügel hoch, eine kleine steile Strasse und am ersten Windrad vorbei. Mein absoluter Traum! Schon jahrelang träume ich von einem Foto, wo unser Knutschi direkt vor einem Windrad parkt, vorne gelber Raps der leuchtet, oben der blaue Himmel, das kleine Knutschi und das riesige Windrad. Nirgends ging aber so ein Foto, weil die Zufahrt zu den Windrädern meistens verboten und gesperrt ist. Nicht so in Havøysund. Wir fahren natürlich zum obersten Windrad, parken auf der grosszügigen Fläche und stellen unser Knutschi voll an die Sonne.

Auf drei Seiten haben wir Meersicht, über uns die riesigen Rotorblätter, neben uns der dicke Stahlmast. Ich habe mir diese Räder echt nicht so gross vorgestellt, so nah wie jetzt, war ich in meinem ganzen Leben noch nie. Wahrscheinlich gut, stehen sie still, sonst würde es sicher einen Lärm machen. Schaut man hinauf, wird einem fast Sturm im Kopf!

faszinierend

Wow, so einen faszinierenden Übernachtungsplatz hatten wir noch gar nie!

Den Ärger vom Vormittag ist längst vergessen und wir geniessen hier den Norden, wie noch nie. Und das Traumfoto ist ohne gelben Raps und unser Knutschi sieht ziemlich mickrig aus, in meiner Vorstellung war es grösser…

Sonnenauf- und Untergang: -

311km
5:30 h Fahrzeit
56km/h
10.1 l/100km

Übernachtung

Havøysund - Artic Wind Park*****
frei Koordinaten: 71.01506,24.563908
N 71° 0' 54.2"  E 24° 33' 50.1"
letzter Besuch: 6.2024

14.6.2024 - So, Anita und Rolf, geniesst ab morgen das Fahren und „vermisst“ nicht die Touristen und den Kommerz. Wir waren allerdings letztmals im 2019 da oben und hoffen, die Norweger haben inzwischen die Finnmark nicht zu stark kommerzialisiert. Gruss und einmal mehr vielen Dank für eure Berichte. Freuen uns sehr auf die Kommenden. Pirkko&Andreas

Andreas


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