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Von Schlangenbeschwörern, Geschichtenerzähler und anderen Halunken

Wir sind heil vom Markt in Marrakesch wieder zurück, was nicht selbstverständlich ist.

unser Abendessen-Lokal

Aber von ganz vorne. Zuerst fahren wir ganz normal mit unserem Knutschi Richtung Landesinnere und Marrakesch. Die Felder sind fruchtbar, die Autobahn in einem Top-Zustand. Nach 80km und 120km vor Marrakesch ändert sich alles schlagartig, die Erde wird zu Sand, das braun zu rot. Man hat das Gefühl, man komme jeden Moment in die Wüste. Bis anhin war die Landschaft ja noch nicht wirklich zum Ausflippen, aber ab da kommt schon das richtige Feeling auf.

fast schon Wüste

In der Nähe des neuen Stadions in Marrakesch sollte unser anvisierter Stellplatz liegen. Die Karte führt uns rechts von der vierspurigen Strasse auf einen Feldweg. Das kann aber nicht sein und ein Stellplatz ist weit und breit nicht in Sicht. Also langsam geradeaus zur nächsten Kreuzung und dort irgendwie rechts. Wir fahren einfach weiter und halten uns rechts, denn irgendwo in dieser Gegend muss er sein, unser Stellplatz. Dann sehen wir plötzlich ein verwittertes Schild „Relais blue“. So soll doch unser Platz heissen. Und tatsächlich, wir biegen auf einen Feldweg ein, es rumpelt und holpert, aber plötzlich stehen wir vor einer kleinen Oase. Wir sind richtig.

Wenige Minuten später haben wir einen schönen Platz unter Palmen gefunden, eingecheckt und alles ist in Butter. Sogar einen Pool, Bar mit Alkoholausschank und ein paar Holländer mit riesen Klappe gibt es.

Wir sind eingerichtet, erholen uns ein wenig von der Fahrt und erkundigen uns danach, wie man da ins Stadtzentrum zum Markt kommt. Die Oase bietet einen Bus-Service ins ca. 7km entfernte Zentrum an, den wir gerne benutzen und so sind wir dann schon um 16 Uhr mitten in Marrakesch.

tolle Eindrücke

Der Platz ist riesig, Menschen aller Rassen, Schlangenbeschwörer mit lebendigen Schlangen, Marokkaner mit traditionellen Gewändern, vollverschleierte Muslime, Touristen in Hot-Paints, einfach alles quer gemischt. Hunderte von Ständen, die Gewürze, Kleider, Säfte, Früchten, Nüssen und was weiss ich noch alles verkaufen. Schnell sind wir als nichtsahnende Touristen entdeckt, werden ausgenommen wie vollgestopfte Gänse und haben eine Stunde später unseren Rucksack voll traditionellen Berberkleidern, Anita zwei Garnituren, ich auch eine. Immerhin liessen wir uns keine Sandaletten andrehen und auch bei den Gurten blieben wir hart.

Auf dem bis jetzt freien Plätzen sind gegen Abend blitzschnell kleine Imbissrestaurants aus dem Boden gestampft. Schon beim ersten werden wir an einen Tisch „gesetzt“ und zeigen auf Pouletspiesse, Zucchetti, Couscous und was noch irgendwie aussieht, als ob man das Essen könnte. Die ganzen Ziegenköpfe auf der Theke lassen wir aber aus.

Danach wird das Essen aufgetischt, und zwar echt lecker und alles in schön kleinen Schalen. Irgendwie fühlen wir uns hier fast etwas beschützt, keiner quatscht uns mehr an und wir können dem Treiben auf dem Markt zuschauen und der Musik der Schlangenbeschwörer, Trommeln der Tänzer und zwischendurch dem Bet-Gesang des Minaretts zuhören. Eine einmalige Stimmung! Inzwischen wurde es dunkel, wir bezahlen den Touristenpreis für das Menu, der garantiert viermal so hoch ist, wie der einheimische Preis, oder eher sechsmal…

was er wohl spannendes erzählt?

Danach lauschen wir einem Geschichtenerzähler, dem sicher rund 100 Einheimische zuhören. Trotz Handyzeitalter, Internet und TV (das hier bestimmt jeder hat) lauschen alle ganz gespannt diesen traditionellen Erzählern. Wir verstehen nix und schlendern weiter. Plötzlich hat eine Frau die Hand von Anita und beginnt, mit Henna auf ihren Arm zu malen. Das Muster wird immer grösser und die Frau lässt uns einfach nicht weg. Fünf Minuten später ist die gesamte Hand von Anita voll (ich lass mir in meinem Leben sicher nix malen, sagte sie noch eine halbe Stunde zuvor). Als es endlich fertig ist, will die Malerin 60€ !! Wir kriegen mit ihr fast Krach, ein riesen Palaver, riesen Diskussion und schlussendlich bezahlen wir dann 100 DH (ca. 10€) sie scheint aber beleidigt zu sein, uns aber egal. Wir flüchten in eine Seitengasse, kramen unsere mitgebrachte WC-Papierrolle aus dem Rucksack (hier gibt es auf den WC’s nämlich nirgends Papier) und wischen die Zeichnung so gut es geht irgendwie weg.

auch von ihr liessen wir uns erwischen

Als wir uns umsehen sind wir in irgendeiner Seitengasse, nur einheimische, keine Touristen mehr, ziemlich eng und düster. Wir schlucken zweimal leer und laufen einfach geradehaus, manchmal weghechtend vor hupenden Motorrädern und streifenden Radfahrern. Nach unendlich langen ca. 500m sind wir endlich wieder auf einem grossen beleuchteten Platz irgendwo in der Altstadt von Marrakesch.

Ich krame den Prospekt von unserem Stellplatz hervor, den ich wohlweislich in unserem Rucksack mitgenommen habe und laufe auf ein paar Taxis zu. Sofort sind wir umringt von vier Taxifahrer, die auf uns einreden, ich halte denen den Plan hin und nach etwa drei Minuten Diskussion weiss einer, wo wir hin müssen. Dieser erklärt dann dem, der fahren sollte, nochmals zwei Minuten wo das ist und danach handeln wir den Fahrpreis aus. Was heisst hier handeln, ich versuche es zumindest, aber nicke doch nur noch, als mein Gegenangebot abgelehnt wird und bin richtig froh, als wir vorerst im sicheren und ruhigen Taxi sitzen.

Der Rückweg fährt der Taxifahrer dann aber zz (ziemlich zügig) fährt beinahe fünf Mopedfahrer und zwei Fussgänger um, kollidiert danach fast mit einem Lastwagen und wird beinahe von einem Bus zerquetsch.

Egal, wir sind wieder im Knutschi, ein paar Einheimische verdienten an uns eine goldene Nase und lachen über die Touristen, aber wir haben wieder unser Ruhe und leben noch.

Übernachtung

Marrakesch - Le Relais blue****
Stellplatz

Zufahrt über Kiesstrassen, aber sehr schön und gepflegt

Koordinaten: 31.70709,-7.989888
N 31° 42' 25.5"  E -7° 59' 23.6"
letzter Besuch: 11.2017