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Grotte Bue Marino Sardinien Italien 2017
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Als Gast bei Berbern

Eines unserer eindrücklichsten Erlebnisse in Marokko

es ist angerichtet

Gestern standen wir frei in der Steppe bei einem Wasserloch. Kaum kamen wir dort an, sahen wir von weitem zwei Gestalten auf uns zukommen. Wir waren echt gespannt, was die wollten und harrten etwas nervös den Dingen, die nun kommen würden.

Es war ein Mann ca. 50 und ein Jüngling. Ich trat aus dem Wohnmobil und machte ein paar Schritte auf sie zu. Sie nahmen sofort meine Hand und begrüssten mich. Der ältere Mann sprach etwas spanisch und so fragte ich ihn, ob wir wohl da übernachten dürften. Klar können wir das, aber sein Haus sei nur gerade 400m entfernt und wir sollen doch dort parken und schlafen, denn dort seien wir ungestört. Wir einigten uns aber, dass wir hier bleiben werden. Da ich vermutete, dass wir auf seinem Land stehen, bot ich ihnen als Gegenleistung Schweizer Schokolade an. Es sei viel zu viel und so nahmen sie dann nur die Hälfte und zogen ab.

Wir waren beruhigt, dass dieses Treffen so gut ausging und dass wir hier bleiben durften.

Eine halbe Stunde später marschieren die zwei wieder zu uns. Wir sehen sie von weitem kommen und waren wieder sehr gespannt darauf. Der Jüngere zeigte mit einen Papiersack mit einem toten Vogel darin. Sie hätten diesen Vogel grad vorhin geschossen und würden ihn mir gerne als Geschenkt für das Nachtessen da lassen. Mit Händen und Füssen erklärten wir, dass wir nicht mal wüssten, wie man dieses Vogel rupfen und vorbereiten muss, geschweige denn wie kochen und sie sollen ihn doch behalten.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie den Vogel gerne behalten haben, aber sie bestanden darauf, dass wir mit dem Wohnmobil zu ihrem Haus fuhren und dort übernachteten. Irgendwie konnten wir nun nicht mehr ablehnen und ich lud sie zu uns ins Womo ein und so fuhren wir alle über holprige Schotterpisten zu ihrem Haus. Etwa 30m vor ihrem Haus wies er mir einen Platz in der Steppe zu und erklärte mir, dass er für uns einen Tee zubereiten wird.

Aber schon eine Minute später kehrten die zwei Männer mit einem alten Mann mit Turban zu uns zurück. Der Alte war wahrscheinlich das Familienoberhaupt und begrüsste uns auch mit Händedruck. Und wir sollen doch mit unser Wohnmobil bis ganz vor das Haus fahren. Also wieder einsteigen, Sitze drehen und die 30m bis zum Haus fahren, wo sie uns einen Platz in ihrem Hof zuwiesen.

Das Haus bestand aus zwei Gebäuden und in eines wurden wir nun gebeten. Es war nur ein einziger Raum, mit ca. vier alten Matratzen, vielen Kissen und vielen Decken, und in der Mitte ein kleines niederes Tischchen (später vermuteten wir, dass dies das Schlafzimmer der gesamten Familie war). Wir mussten uns auf Kissen setzten und die Frau des ältesten servierte uns nun Tee. Der Jüngling (Ischna) und der Mittelalterliche (Abdel) verliessen den Raum wieder und werkelten an einem alten Auto vor dem Haus herum. Während dem wir mit dem Familienoberhaupt irgendwie auf arabisch kommunizieren versuchten. Die Frau verschwand jeweils sofort wieder.

Schlafzimmer

Dann kam Ischna wieder mit einer kaputten Autoelektriksicherung hinein und fragte, ob ich wisse, wie man das repariert. Ich ging mit ihm zu unserem Womo und suchte alle meine Ersatzsicherungen zusammen. Leider passte keine, unsere waren etwas zu gross. Trotzdem schenke ich Ischna und Abdel dann zwei Sicherungen jeder Stärke die ich hatte und machte ihnen klar, dass sie diese ja für eine richtige eintauschen könnten. Sie bedankten sich zehnmal dafür und hatten eine riesen Freude.

Inzwischen kam Fatna (die Frau) in das Schlafzimmer, nahm Anita an die Hand und führte sie in das andere Gebäude wieder mit nur einem Raum.

Aus Respekt haben wir diesen Raum nicht fotografiert, darum versuche ich ihn, zu beschreiben. Der Raum war etwa 4x6m gross, rechts eine Ablage über die ganze Breite, darüber nochmals ein Brett mit all den Töpfen und Kochutensilien und daneben ein alter Gasherd, links ein niedriger Tisch, viele Wolldecken und Kissen und in der Mitte ein laufender TV. Links neben der Tür einen Kühlschrank mit kleinem Gefrierabteil.

Der Raum hatte ein verglastes Fenster und eine Blechtüre, dessen Rahmen rund 10cm niedriger war, wie der gemauerte Türausbruch. Auch bei geschlossener Tür ist oben also immer ein 10cm grosser Luftspalt. Das war der gesamte Besitz dieser Familie. Jedes Mal wenn der Kühlschrank zu kühlen begann, flackerte das Licht.

Das Familienoberhaupt setzte sich dann auf den Boden, der kleinste Sohn, ca. 8 jährig kuschelte sich neben ihn und wir sassen am Boden hinter dem Tisch. Wir alle waren jeweils mit mindestens zwei Wolldecken warm umwickelt. Wir vier schauten eine arabische Serie und Fatna kochte Couscous, währendem Ischna und Abdel immer noch am Auto werkelten.

im Wohnzimmer

Fatna schaute häufig zu Anita hinüber und bewunderte ihre Ohrringe oder lächelte sie einfach ganz herzlich an. Und wir zwei schauten Fatna interessiert zu, wie sie mit den Händen das Couscous zubereite, wieder über dem Dampf erhitzte, am Boden mischte und wieder über den Dampf setzte.

Es war eine unglaublich herzliche Stimmung, auch wenn wir uns zwei irgendwie schämten für all den Luxus und Reichtum den wir besassen.

Zwischendurch rollte Fatna ihren Teppich aus und begann still vor sich hin zu beten. Mit aufstehen, verbeugen und was alles dazu gehört.

Als das Couscous in einer grossen Schüssel angerichtet und auf den Tisch gestellt wurde, kamen auch die andern beide hinein, kuschelten sich in eine Wolldecke und sassen sich zu uns auf den Boden an den Tisch. Jeder bekam einen Löffel und wir assen alles aus der gleichen Schüssel und ohne Teller. Das Fleisch über dem Couscous zerkleinerte Fatna dann mit den Händen und zupfte es auseinander, die guten Stücke setzte sie in unsere Richtung der Schüssel, die fettigen Teile zu sich und den Männern. Und immer wurden wir aufgefordert, das Fleisch zu essen.

Es war wirklich irgendwie beschämend, wie die, die nicht viel haben, ihre besten Stücke uns Reichen hinschoben.

Nach dem Essen tauschte ich mit den Männern unser Whatsapp-Nummern aus und auch Fatna wollte die Nummer von Anita.

Danach hätten sie uns ihr Schlafzimmer zur Verfügung gestellt, wir erklärten ihnen aber, dass wir in unserem Wohnmobil schlafen und dort auch alles hätten. Die Familie hätte uns doch wirklich alle Matratzen und Decken überlassen…

Morgen zum Frühstück mussten wir versprechen, dass wir den Tee mit ihnen einnehmen.

Jetzt sind wir wieder in unserem Wohnmobil und können bei dem Erlebten irgendwie gar nicht schlafen. Die Familie hat so wenig, wir haben in jedem einzelnen Schrank mehr, wie sie gemeinsam besitzen und sie würden dennoch alles mit uns Teilen.

Würden wir auch einfach Andersgläubige zu uns einladen, ihnen alles anbieten und uns dafür selber einschränken?

zur Verabschiedung

23.11.2017 - Nicht jeder würde Fremde ( und dann auch noch Fremde eines anderen Kulturkreis) zu sich einladen. Ich mache es in Deutschland seid Jahren genau so. Mein Haus ist offen und meine Freunde haben viel Nationalitäten und Glaubensrichtungen. Lieber eine grosse Tafel aufbauen und gemeinsam essen und teilen als das man eine grosse Mauer um sein Haus und sein Herz baut. Euer Blog ist fantastisch. Ich wünsche euch weiterhin viel Spass, tolle Erfahrungen und Gottes Segen bei allem was ihr noch erleben dürft.

- Uwe Weisenseel


4.12.2017 - Ein toller interessanter Bericht. Oft musste ich lachen ;o). Danke für euren Blog

- Marianna


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