Headbild
Marokko 2018
Sie befinden sich: Blog \ Reisebericht

Glückskinder

Ein toller Ausflug auf den Ätna und gespenstisches Einkaufen

näher ran ist verboten

Der erste frühe Blick aus dem Fenster zeigt uns wolkenlosen Himmel an, nur Richtung Ätna sehen wir ein paar weisse Wolken emporsteigen. Nachdem ich diese Wolken einige Minuten beobachte, komme ich zum Schluss, dass dies eine Rauchschwade vom Gipfelkrater sein muss. Ich breche in Hektik aus, ziehe mich schnell an, erteile Befehle betreffend Aufgabenteilung: ich gehe fotografieren, Anita soll die Küche von gestern aufräumen und schon bin ich weg. Der Gipfelkrater ist vom Parkplatz knapp nicht einsehbar, aber die ausstossenden Rauchschwaden schon. Und dann hört man das Grollen und Donnern des Ätnas. Ich bin total fasziniert, laufe einige hundert Meter, um einen besseren Blick zu bekommen. Aber irgendwie nix zu machen. Ich knipse wild drauflos, und immer nach einem heftigen Donner steigen etwa 30 Sekunden später besonders grosse Rauchwolken zum Berg hinaus.

Ich muss da rauf! Also gehe ich zur Gondelbahn und frage dort nach, ab sie heute fährt. Erste Bergfahrt sei zwischen 9 und 9:30 Uhr bekomme ich zur Auskunft. Ich bin schon mal happy, dass wir da rauf können und gehe zum Womo. Aber welch eine Enttäuschung: Anita ist immer noch nicht fertig mit dem Abwasch, also helfe ich ihr nun doch noch. Danach ziehen wir uns warm an, wechseln die Batterien der Fotoapparate und marschieren zur Gondelbahn. Natürlich kommen wir etwas vor 9 Uhr dort an, so dass wir gar nix verpassen. Ich löse für zwei Personen und werde dann gefragt, ob wir oben noch weiter hinauf wollen. KLAR, wollen wir!!! Ich kriege fast ein Herzinfarkt, dass man heute wirklich noch weiter rauf kann, wie nur zur Bergstation. Der Preis für zwei Personen ist mit 136€ zwar ziemlich happig, aber ich hätte da noch mehr gezahlt. Wann kriegt man in Italien in Zeiten des Corona-Viruses schon die Gelegenheit, so etwas total ausserhalb der Saison zu erleben?

unser Transportfahrzeug

Mit der Gondel geht es auf 2500m hoch, da oben hat es sogar ein Restaurant, das auch geöffnet hat (aber wieder nur zwei Personen an einem Vierertisch). Draussen sieht man dann wieder nur knapp den Gipfelkrater, aber der Rauch und das Grollen ist natürlich viel besser hörbar. Wir müssen dann noch eine halbe Stunde in der eisigen Kälte warten, bis von unten ein Geländepersonentransporter ankommt. Wir sind nun etwas 15 Personen, die heute auf der einzig durchgeführten Fahrt dabei sein dürfen.

Es geht mit diesem Fahrzeug auf einer ruckeligen Fahrt zwischen schwarzen Steinen auf etwas mehr wie 2900m hoch. Dort erwartet uns ein Guide und führt unsere Gruppe an einen Krater vom grossen Ausbruch von 2001. Wir marschieren durch rote, gefallene Asche vom vorgestrigen Ausbruch bis an diesen Kraterrand hoch. Der Guide gibt uns auf französisch und englisch immer wieder super Erklärungen ab. Hinten raucht und grollt der Ätna und in der Nase riecht man den Geruch von Schwefel.

Es ist hier auf 3000m bitterkalt, schätzungsweise etwa -8 Grad. Der Guide bemerkt, dass wir alle kalte Hände haben, scharrt mit seinen Bergschuhen ein Loch von 20cm und nimmt eine handvoll Vulkanablagerung aus dem Loch. Diese kleinen, schwarzen, kantigen Steine haben rund 28 Grad und sind richtig schön warm. Anita nimmt gleich mal drei oder vier Hände voll. Man glaubt es kaum, diese Steine sind immer noch am Abkühlen vom Ausbruch 2001 ( ja richtig, die kühlen seit 19 Jahren langsam ab) und darum so schön warm. Es ist echt cool, dass wir diesen Ausflug im Winter machen konnten, denn im Sommer bemerkt man diese warmen Steine nicht mal.

warme Hände

Ich könnte nun noch Seite um Seite füllen, dieser Ausflug war wirklich sehr interessant und das werden wir unser Leben nicht mehr vergessen. Der Guide erklärt uns noch, dass man auch geführte Wanderungen bis an den Zentralkrater (5Std) machen kann, aber momentan ist zu viele vulkanische Aktivitäten und der gesamte Gipfelbereich ist für Besucher gesperrt.

Um 13 Uhr sind wir dann wieder bei unserem Knutschi, der blaue Himmel ist schon lange vorbei, es zog wieder Nebel auf. Die Gondelbahn wurde abgestellt und für die Besucher war wieder beim Parkplatz Endstation. Wir hatten also mehr einmal riesiges Glück.

Der Corona-Virus ist für uns nun wieder in weiter ferne und kein Gedanke mehr an eine Heimreise. Wir fahren den Ätna runter, Richtung Taormina und Messina. Die Gegend ist superschön, das Wetter auch wieder besser. Auf der Autobahn ist unser Blick meistens auf das Meer gerichtet, aber auch ein Blick in die Berge lohnt sich. Auf jedem steilen Berg gibt es oben ein kleines Städtchen. Diese Gegend muss bestimmt auch sehr interessant sein.

irgendwo bei Taormina

An einer LPG-Tankstelle füllen wir unser Gas und als wir dann durch Messina mit Blick auf das italienische Festland werfen, sind wir einfach nur glücklich. Wir wollen nach Milazzo und dort auf unsere Fährfahrt warten. Da ja sonst fast alles geschlossen hat und wir nicht mehr gross etwas besichtigen können, wollen wir einfach noch das Meer geniessen.

Einkaufen in einer Sperrzone

Wir müssen unsere Vorräte aber noch auffüllen, da die Restaurants alle ab 18 Uhr geschlossen sein müssen. Wir finden ein kleines Einkaufszentrum mit grossem Parkplatz, perfekt für uns.

Wir schnappen uns draussen einen Einkaufswagen und laufen zum Eingang. Dort werden alle fünf Minuten drei Parteien ins Einkaufszentrum gelassen, aber erst nach dem Desinfizieren der Hände. Wir sind die einzigen in der kleinen Warteschlange, die keine Mundmasken aufhaben. Es kommt uns vor wie in einem Katastrophenfilm. Im Einkaufszentrum natürlich sehr wenige Leute und wenn uns jemand entgegenkommt, weicht der schnell in einen anderen Gang aus. Wir kommen uns vor wie Aussätzige, können aber so ihn Ruhe und ohne Gedränge einkaufen. Die Einkassiererin trägt natürlich auch eine Mundmaske und desinfiziert nach jedem Kunde die Hände. Keiner drängt sich vor, alle halten schön Abstand, eigentlich könnte es ja immer so sein…

Danach fahren wir an die sehr lange Strandpromenade von Milazzo, steuern unser Knutschi auf den Kiesstrand und parkieren so, dass wir perfekten Ausblick auf das Meer und den folgenden Sonnenuntergang haben. Vor uns die Liparischen Inseln mitten im Meer und kein Wölkchen mehr am Himmel.

Wie kann das Leben schön sein. Und wir müssen noch bis Samstag in diesem Sizilien aushalten, wie überleben wir das nur?


Übernachtung

Milazzo - Lungomare***
frei Koordinaten: 38.20433,15.225926
N 38° 12' 15.6"  E 15° 13' 33.3"
letzter Besuch: 3.2020

11.3.2020 - Hallo Ihr zwei Das war bestimmt ein tolles Erlebniss. Pressen die heute immer noch Aschenbecher mit frischer Lava? Der war bei uns noch tagelang schön warm. Die Ohren habe ich mir fast abgefroren, die Schuhe mussten wir aber wegen der angebrannten Sohle entsorgen.. Gute Heimreise, Regula und Wolfgang

Wolfgang


11.3.2020 - ein traum euer erlebnis am ätna. ende der 90er war ich auf stromboli mit besteigung am abend -gigantisch-. schade, dass die liparischen inseln für womo-touren ungeeignet sind. viel spass noch.

trudchen


12.3.2020 - Einziartiges, unvergessliches Reiseerlebnis, Herz was willst du mehr! Bleibs g'sund und gutes Weierkommen :)

Richard


12.3.2020 - Hallo ihr zwei, schön, dass ihr das erleben könnt.. Ganz sorglos wie ihr würde ich nicht mit dem Virus umgehen. Ihr habt es ja schon beim einkaufen bemerkt, und die Massnahmen werden noch krasser werden müssen. Ich kann Euch nur raten Euch auf den Heimweg zu machen. Italiens Gesundheitssystem ist nicht mit der Schweiz vergleichbar.

Werner


12.3.2020 - Hoi Rolf Wie ist das eigentlich wenn Du nun so durch die Lande fährts wie jetzt z.B. Sizilien, kommen da bei Dir noch Erinnerungen auf an Streckenabschnitte, Etappenorte oder spezielle Momente aus Deiner Laufbahn oder ist das alles bereits zu weit weg? Lg und weiterhin viel Spass Pesche

- Pesche Gerber


Diesen Artikel kommentieren oder Fragen dazu stellen